Natur

Ein großer Teil unserer Existenz ist die Verbundenheit mit unserer Umwelt, unseren Mitmenschen und auch die Verbundenheit mit der Natur. Ohne sie existieren wir nicht und doch verschwindet sie aus unseren Köpfen und immer mehr auch aus unserer Welt. Wir müssen die Natur zurück in unsere Augen, Nasen, Ohren und zwischen unsere Finger lassen, damit wir in unsere Verbundenheit zurückfinden. Hier sind ein paar Artikel, die dazu inspirieren wollen:

Solastalgie oder wie wir das Ende der Natur verkraften – Die Krankheit des 21. Jahrhunderts und ihr Trost: "Solastalgie ist die definitive Krankheit des 21. Jahrhunderts, aber nur wenige kennen überhaupt ihren Namen. Die Symptome sind unter anderem eine allem zugrundliegende Ahnung von Verlust; ein vages Gefühl, entwurzelt zu sein; Heimweh zu Hause. Vielleicht hast du das auch schon gefühlt, ohne genau zu wissen, was das ist. Solastalgie ist die Schwere, die wir uns selbst zumuten, indem wir eine Welt gestalten, in der wir selbst nicht leben wollen, eine Welt ohne Natur."


Warum wir Freude an der Natur empfinden und was wir damit tun könnten: "Wir haben vielleicht die Natur verlassen, aber die Natur hat uns nicht verlassen." Das ist der entscheidende Satz von McCarthy, denn in ihm steckt so etwas wie Hoffnung. Eine Hoffnung darauf, dass wir der Liebe zur Natur, die wir als naturgeschichtliches Erbe in uns tragen, nicht nur individuell auf Spaziergängen oder bildhaft in Fotografien, Büchern und Filmen Ausdruck verleihen, sondern dass wir diese Liebe verwandeln in gesellschaftliches Handeln.


Bilder des Trostes, H wie Habicht: "Maßstäbe verstehen wir nur sehr schlecht. Die Lebewesen im Erdreich sind zu klein, als dass wir uns um sie sorgten. Der Klimawandel ist zu riesig, als dass wir ihn uns vorstellen könnten. Auch die Zeit verstehen wir kaum. Wir können uns an nichts erinnern, das vor uns lebte; wir können das nicht lieben, was es nicht mehr gibt. [...] In Bildern finden wir Trost und wir tilgen jegliche Geschichte aus unseren Landschaften." (Helen Macdonald, übersetzt von mir aus dem englischen Original H is for Hawk, S. 265)

Postwachstum: Müssen wir uns gesundschrumpfen? Wie könnten wir zu attraktiven Alternativen zum "Wachs oder stirb!" kommen? Zunächst einmal müssten wir wohl Abschied nehmen von einem Denken und Handeln, in dessen Zentrum das Bruttoinlandsprodukt steht, sodass "die ökologischen und sozialen Folgekosten von Wachstum" mit in Betracht gezogen werden. Es ist der kleinste gemeinsame Nenner innerhalb der Degrowth Bewegung, die Erkenntnisse zu den Folgekosten endlich ernst zu nehmen und unser wirtschaftliches Denken und Handeln danach auszurichten. Dazu werden verschiedene Dimensionen identifiziert, an denen man ansetzen müsse: Zeit und Ressourcen, Infrastruktur und Finanzen, Ökonomische Institutionen und soziale Vergleichbarkeit, Materielle Bedürfnisse und Konsumgesellschaft.

Das Geräusch der Stille: Wo gibt es noch Stille? Ja, was überhaupt ist Stille? Stille ist etwas essentielles für uns Menschen, das uns abhanden zu kommen droht. Es gibt Grenzwerte für das, was wir als sauber in Hinsicht auf Wasser und Luft bezeichnen. Was aber sind die Grenzwerte für Stille? Wie können wir sie in den Alltag zurückholen?

Der Weg wird durch das Gehen geschaffen: Das Umhergehen und das Denken sind in allen Kulturen eng verknüpft. Nicht nur können unsere Gedanken wandern und umherschweifen, wir entwickeln sie auch in sogenannten Gedankenschritten und manchmal können unsere Gedanken auch rasen. Inzwischen ist der Zusammenhang zwischen Denken und Gehen auch wissenschaftlich belegt: Der gleichförmige Takt des Gehens hilft dem Hippocampus bei seiner rhythmischen Transaktion gadanklicher Inhalte vom Kurz- ins Langzeitgedächtnis.

Der allwissender Gott – Reloaded: Alle höheren Kulturen beruhen auf der Idee, es existiere eine externe Beobachterintelligenz, die imstande sei, sämtliche Lebensvorgänge synchron zu erfassen, auch jene, die sich in der Dunkelheit des Unwissens oder des bösen Willens verstecken. Nachdem wir die Religionen zurückgedrängt haben, ist es nun die Technik, die diese göttlich Rolle einnimmt.

Wir spüren die Monstren des Fortschritts im Nacken: Beim Lesen von Bruno Latour musste ich immer wieder an Frankensteins Monster denken, in dem sich die Folgekosten des technischen Fortschritts in einer zerstörerischen Form aufdrängen. Wir können die Beziehungen zwischen den menschlichen und nicht-menschlichen "Dingen" nicht weiter ausblenden.


Entgrenzte Horizonte: Ein Leben ohne Normalität: Lokale Bräuche, Religionen, Sitten und Zusammenkünfte waren das Herz in einer schon immer herzlosen Welt. Das wir uns danach zurücksehnen zeigen völkische Rückwärtsbewegungen wie der Brexit. Das sind jedoch nur hilflose und sinnlose Reaktionen auf Phantomschmerzen, die nichts Gutes bringen werden. Was wir wirklich benötigen, sind neue Prothesen für unsere amputierten Herzen. Die müssen wir im Vorwärts bauen, wir werden sie nicht im Rückwärts finden.

Freiheit und Naturzustand: Jeder würde intuitiv zustimmen, dass es in der Wildnis, also in der Natur abseits jeglicher menschlichen Einflüsse, keine Unfreiheit gibt. Und genauso ist der Begriff "Freiheit" keiner, der sich sinnvollerweise auf Vorgänge in der Wildnis anwenden lässt. Oder pointiert gesagt: Freiheit (und Unfreiheit) kann es nur geben, wo es auch Menschen gibt. Institutionen sichern uns unsere Freiheit, aber wir erleben sie als Beschränkung unserer Freiheit und als Entfremdung. Wie kommt das?

Von der Abstraktion zum realen Leben kommen: Warum starren wir aufs Meer hinaus, ohne dass es uns langweilt? Warum zählen wir die Sterne, laufen durch den Wald und lauschen den Vögeln? Das ist die Achtsamkeit, die in uns als Freude und Interesse am Realen angelegt ist. Was uns an der Natur so erfreut, ist, dass die Dinge und Wesen dort nur sie selbst sind. Diese absolute Realität, die Abwesenheit jeglicher Mehrdeutigkeit hat etwas heilendes auf unsere in der Abstraktion verwundeten Seelen. David Whyte und die dialogische Struktur der Realität.

Im Zeitalter der Kuscheltiere: Was bedeuten all die Tiere im Kinderzimmer des Menschen? Die natürlichen Lebensräume der Tiere verschwinden. Wo sollen sie also hin? Sie verflüchtigen sich in Ideen und Sehnsüchte und finden sich wieder in den Stofftieren, Aufdrucken und Bilderbüchern unserer Kinder. Was werden wir unseren Kindern sagen, wenn sie später fragen, was wir mit den richtigen Tiere gemacht haben?

Gaia! Können wir uns noch retten? Mit der Erfolgsgeschichte "Menschheit", der weltweiten Besiedelung des Planeten durch uns (kein anderes Tier hat das geschafft) und der damit einhergehenden Nutzung der Ressourcen samt der Rückführung all der Abfälle oder Stoffwechselprodukte in unsere Umwelt, sehen manche wie Peter Sloterdijk und auch Bruno Latour ein neues geologisches Zeitalter angebrochen, das Anthropozän, das neue und vom Menschen gemachte.

Der finstere Berg: Die Menschheit ist in einer ähnlichen Situation wie ein Todkranker: Uns wird zunehmend klar, dass unsere Existenz als Menschheit auf diesem Planeten zu einem Ende kommt. Wir sind sieben Milliarden Menschen, die der Planet nicht mehr erträgt und wir werden noch mindestens zwei Milliarden mehr werden. Die Erde wird zunehmend wärmer, ohne dass wir unseren Kohlendioxidausstoß reduzieren können. Die Eismasse der Arktis schrumpft zusehends. Das Aussterben von Tier- und Pflanzenarten beschleunigt sich trotz WWF und Greenpaece. Unsere erste Reaktion, als wir mit dem Waldsterben und dem Waleschlachten konfrontiert wurden, war Wut.

Einfach nur schauen: Unsere wissenschaftliche Weltdeutung narrt uns, wenn wir glauben, dass uns die bloße Anhäufung von Wissen näher an unsere Welt um uns herum heran bringt. Es ist nicht das Wissen, das zählt, wenn wir als Menschen direkte Erfahrung suchen, es ist die Methode. Es gäbe einen "Unterschied zwischen Sehen und Sehen", meint Goethe in seiner Einleitung in die Morphologie und niemand, der aufmerksam schaut, werde die Natur jemals tot und stumm finden.


Mit Hans Fallada in Carwitz: Seit meiner frühen Liebe zum frechen Dachs Fridolin wollte ich immer diesen Ort am schmalen Luzin sehen, wo die Dachs-Familie neben den Ditzens lebte, wo sich Fridolin mit Kuh, Hund und Fuchs anlegte und wo die Natur dem Alltag noch ihre Form aufzwang und damit das Leben zwar strenger, aber auch einfacher machte. Jetzt endlich hatte ich einmal die Gelegenheit ergriffen, Zelt, Schlafsack und Kanu ins Auto gepackt und die schön bewaldete Strecke durch den Nordosten Brandenburgs nach Mecklenburg befahren.

Zuflucht zu den inneren Wäldern: Nicht jeder kann in eine Hütte am Ural ziehen. Und außerdem wollen das auch nur die wenigsten. Warum? Nun: Ich empfehle das Buch von Tesson zu lesen, dann kriegt man von ganz allein kalte Füße. Aber wir haben eben doch die Wahl: Wenn es nicht die Wälder der Wildnis sind, in die wir uns zurückziehen können, dann wenigstens die inneren Wälder, die wir oft aber auch erst wieder entdecken müssen.

Rasende Gedanken und 14000 Schritte im Wald: Ich laufe in den Wald, der frisch nach Laub und Erde riecht. Die Gedanken rasen noch, wie immer, wenn plötzlich Platz da ist, wenn es zuviel Zeit gibt. Es kommt mir vor, als hätte ich einen Zeitmuskel, den ich permanent anspanne, um das Maximum aus jedem Moment zu pressen. Und dieser Muskel ist nun verspannt und kann sich nicht mehr so leicht entkrampfen. Ich lasse es geschehen, sollen sie doch rasen, die Gedanken. Irgendwann werden sie sich ausgerast haben. Irgendwann wird sich der Muskel entkrampfen.

Downshifting - Legenden vom Kürzertreten: Auf dem vorläufigen Höhepunkt der westlichen Wirtschaftskrisen und in Verbindung mit Stress und Burnouts sind Lebenskonzepte wie Downshifting, Aussteigen und Minimalismus in Mode gekommen. Neu sind diese Ideen ja nicht: Henry David Thoreau ist ein frühes Beispiel vom Aussteigen aus der westlichen Gesellschaft im 19. Jahrhundert. Und wie realistisch ist so ein Ausstieg heute?

Sind wir böse? Sind wir dumm? Ist das dasselbe? Was ist das Böse? Wenn etwas moralisch richtig ist, dann ist es gut, wenn etwas moralisch falsch ist, ist es böse. So unser modernes Verständnis vom Bösen. Aber wie ist es mit Naturkatastrophen, die jetzt vermehrt über uns hereinbrechen und wahllos Menschen in den Tod reißen?

Der ewige Gärtner und die endlose Kultivierung unserer Umwelt: Der Zug des Vergärtnerns der Natur zum Park, ist so grundlegend für uns Menschen, dass er noch heute auch dort in uns fortlebt, wo er gänzlich unnütz, sogar schädlich ist, zum Beispiel wenn wir keine Brennesseln und Gestrüpp in unseren Städten mehr ertragen und dafür in Kauf nehmen, noch die letzten Unterschlüpfe und Nahrungsquellen den sonst so geliebten Bienen, Schmetterlingen und Igeln zu nehmen.

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