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Erkenne dich selbst. Der Rest kommt (fast) von allein.

25. April 2020

Solastalgie oder wie wir das Ende der Natur verkraften

Die Krankheit des 21. Jahrhunderts und ihr Trost

Warnung: Das ist ein sehr persönlicher Artikel. Lies ihn nicht, wenn du derzeit keine Aufnahmefähigkeit für Trauer, Pessimismus und Angst hast!

Ästhetik für ein Leben in Enttäuschung und Trauer

Jede Minute verschwinden etwa 30 Fußballfelder Regenwalds auf der Erde. Jede Minute! 30! "Weltweit verlieren wir derzeit rund drei Mal das verbleibende Gletschervolumen der europäischen Alpen. Und das jedes Jahr." (Michael Zemp, ETH Zürich) Die für artenreiche und damit gesunde Meere unverzichtbaren Korallenriffe gehen großflächig an den steigenden Wassertemperaturen kaputt; Unterwasserwüsten breiten sich aus. Und allein während meiner Lebenszeit bisher verschwand mehr als die Hälfte (!) aller wildlebenden Säugetierarten für immer von unserem Planeten. Das Schlimmste: All das sind sich gegenseitig verstärkende Zustände, Teufelskreise wie beispielsweise jener, dass immer weniger Regenwald eben auch immer weniger Luft kühlt oder der, dass weniger Eis an den Polen die Athmosphäre zusätzlich aufheizt und so das Eis noch schneller schmilzt. Mit anderen Worten: Wer heute noch hofft, dass wir diese Entwicklungen wieder in den Griff bekommen, muss komplett irre sein. Die Veränderung beschleunigt sich dramatisch.

In den letzten Monaten macht mir das zunehmend zu schaffen. Ich kann kaum noch Dokumentationen sehen, weil keine Natur-Doku mehr ohne Hinweis auf die alarmierende Verschlechterung der Situation auskommt. Ich kann den sonnig-warmen Frühling kaum noch genießen, seitdem ich sehe, wie hier in Ostdeutschland die Wälder vertrocknen und von Schädlingen zerfressen werden. Ich empfinde eine enorme Trauer, seitdem ich meinem Sohn die Bäche in Berlin Buch zeigen wollte, an denen ich in meiner Kindheit Stichlinge und Frösche fing. Heute ist zum Beispiel der Bach hinter meiner damaligen Schule nicht einmal mehr ein Rinnsal – es ist eine mit Plastikflaschen gefüllte Furche im ausgetrockneten Boden. Ich schlafe schlecht, weil das an mir nagt. Ich bekomme Panikattacken, wenn ich daran denke, was ich meinem Sohn hinterlasse. Ich könnte heulen, wenn ich an die verdreckte und vertrocknete Umwelt denke, in der ich vor gar nicht langer Zeit noch die erfrischende grüne Kühle und Stille fand, die meine Psyche so dringend benötigt. Ich habe Angst vor dem Kippen unserer Gesellschaften als Folge der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen. Was ist los mit mir, dass mir das persönlich so nahe geht?

6. April 2020

Den Zusammenbruch akzeptieren, die Krise meistern

Warum krampfhaft erhalten, was dem Untergang geweiht ist? 

Ein Text von Frank Augustin

Zwingt uns die Corona-Krise endlich eine neue Bereitschaft für eine neue Wirtschaftswelt auf? Zu hoffen wäre es, gerade auch, weil wir die letzte Krise um 2008 dazu nicht genutzt hatten. Denn bisher gab es auf der einen Seite nur die hoffnungslosen Romantiker, die sich Veränderung auf die Fahnen schreiben, aber weder vom Bösen im Menschen noch von Systemzwängen etwas wissen wollen und auf der anderen die Anhänger der Wachstumsfortschrittsreligion, die sich, von Verlustängsten und Orientierungslosigkeit geplagt, ans Alte klammern. Nun muss unter den Vorzeichen der Corona-Pandemie allen klar werden, dass das Alte einfach nicht mehr funktioniert. Aber ist ein Ausstieg aus dem Alten ohne unzumutbare Härten überhaupt möglich? Der folgende Text erschien zuerst in der philosophischen Wirtschaftszeitung Agora42, Ausgabe 1/2020 Innovation.

Hoffnung und Angst in einem Bild (NASA and ESA pollution monitoring satellite, Public Domain)