Der Mensch – das kochende Tier
... biologisch betrachtet beginnt das Leben mit dem Wasser, kulturell jedoch mit dem Feuer. (Nikolai Wojtko, Die Philosophie des Kochens, S. 22)Mit dem Übergang von Rohkost zu Kochkunst, steigt der Mensch aus der Nahrungskette aus und wird damit zum Kulturwesen. Der Verdauungsapparat verkleinert und das Hirn vergrößert sich, wir gewinnen Zeit, uns um anderes zu kümmern und können auch deswegen anfangen zu Sprechen, weil sich die Kauwerkzeuge verkleinern und Hals-Nase-Mund damit neue Funktionen aufnehmen können. Außerdem sollten wir zu schätzen wissen, dass wir nun selbst nicht mehr als Nahrung von größeren Tieren verfolgt werden und wir auf dem Weg zur Arbeit nicht versuchen müssen, irgend einem kleineren Tier das Genick durchzubeißen oder in der U-Bahn Wurzeln und Rinden knabbern. Der Ausstieg aus der Nahrungskette ist ein "massives Upgrade" (Louis CK), das außer dem Menschen bisher keinem Tier zuteil wurde.
Auf der anderen Seite, scheint unsere moderne Ernährung ganz neue barbarische Folgen zu haben: von gequälten Nutztieren bis hin zu vergifteten Böden, gerodeten Wäldern und dem resultierenden Massensterben in der wilden Flora und Fauna. Wir alle wissen das und machen uns in unseren Filterblasen darüber wohl auch zunehmend Sorgen, wenn man die Trends rund um regional, nachhaltig und vegetarisch betrachtet. Skepsis ist natürlich angebracht, ob diese Wohlstandssorgen wirklich globale Entwicklungen positiv beeinflussen können. Denn die Mehrheit der bald neun Milliarden Menschen auf diesem Planeten muss sehen, wie sie satt wird und wird daher nicht den Luxus haben, ihre Wahl der Nahrung unter ethischen Gesichtspunkten zu hinterfragen.