Neoliberale Eliten und reaktionärer Populismus
Eines der größten Rätsel unserer heutigen Gesellschaft ist für mich die Frage, warum "die kleinen Leute", also die gefühlten Verlierer der Globalisierung, jene reaktionär-populistischen Kräfte begeistert unterstützen und wählen, die sie nur noch mehr ins Verderben reiten, wenn sie erst einmal an der Macht sind. Und noch ein Rätsel am Rande: Warum sind die Populisten heute – denken wir an von Storch, Höcke oder Trump – immer so eine krude Mischung aus dem Panoptikum der gesellschaftlichen Merkwürdigkeiten?Progressive und reaktionäre Eliten
Ein Glück haben wir Donald Trump, mit dem uns an einem Lebend-Experiment (USA) gezeigt wird, was passiert, wenn man einen reaktionären Populisten an die Regierung bringt, der behauptet, er würde wie ein Robin Hood die Elite bekämpfen, um den Armen zu geben. Unterm Strich sieht man, dass Trump einfach nur eine hardcore-neoliberale und nationalistische Wirtschaftspolitik fährt, die zugunsten einer kleinen Elite (die Share Holder, Immobilienbesitzer und Rohstoffmagnaten) den Reichtum im Land von unten nach oben noch schneller umverteilt, als das ohnehin schon passierte. Anders als der progressive Neoliberalismus, der eine Bereichung der Wenigen über ethnische und politische Grenzen hinweg (Globalisierung) und unter Einbeziehung moralisch legitimierender Elemente wie Umwelt- und Naturschutz, Feminismus, Multikulturalismus, gleichgeschlechtliche Ehe und so weiter unterstützt, sucht der reaktionäre Neoliberalismus à la Trump oder AFD einen nationalistischen oder zumindest identitären Weg, um seine wirtschaftlichen Interessen durchzusetzen. Statt globale Wirtschaftseliten über alle Identitäten (national, geschlechtlich etc.) hinweg zu bereichern, möchte er eine kleine nationale Elite bereichern.Nun ist der nationalistische Neoliberalismus, wenn man als "kleiner Mann" nur zwischen ihm und dem progressiven Neoliberalismus wählen könnte, doch der in den meisten Hinsichten schlechtere und auch weniger erfolgsversprechende Weg. Weniger erfolgsversprechend, weil eine globalisierte Wirtschaft kaum noch zurückzudrehen ist und wenn, dann nur unter hohen wirtschaftlichen Schäden für alle und besonders für "die kleinen Leute" (siehe die drohenden Handelskriege). Zudem ist dieser Weg für "die kleinen" Leute noch objektiv schlechter, weil er viele erreichte persönliche Freiheiten (Zollgrenzen, Ehe für alle, Gleichstellung der Geschlechter), gesellschaftliche Errungenschaften (z.B. die zum Überleben nötige Klimaziele) und Sozialleistungen (siehe Krankenversicherung oder steuerfinanzierte Wohlfahrt) im Namen einer vermeindlich guten alten Zeit wieder zurückdreht.