Wie wir uns sehen (links) und wie es ist (rechts), Bruno Latour, S. 102
Das Verschwinden von Natur und Kultur in der Hybridisierung
Unser modernes Sein und Denken gehen immer durch zwei Sphären durch, so scheint es: die Natur und die Kultur. Schnell lassen sich Gegensätze aufmachen, wie in den Natur- und Kulturwissenschaften und der modernen gesellschaftlichen Tradition, wonach Dinge durch Wissenschaft und Subjekte durch Politik zu repräsentieren sind. So könnte die westliche Menschheitsgeschichte vereinfacht als Sieg der Kultur über die Natur gesehen werden, denn wir haben uns die Natur durch Technik gefügig gemacht.
Durch Philosophie, Anthropologie und Ethnologie wird uns jedoch klar, dass diese Spaltung so einfach nicht ist. Das fängt mit ganz simplen Beispielen an: Was sind
Naturvölker, sie haben doch auch Kultur? Was ist der Park - Natur oder Kultur? Was sind Ozonloch oder Klimaerwärmung? Was sind wir Menschen? Was ist ein Haustier oder gar ein geklontes Schaf? Diese Fragen kann man weder mit Natur noch mit Kultur beantworten und nicht einmal mit einer schwammigen Natur-Kultur-Mischung.
Warum unsere Spaltung in Natur und Kultur ein wichtiges Problem ist? Weil sie uns an zu diesem Moment der modernen Welt geführt hat, wo nicht mehr genug Welt übrig ist, um auf diese Art weiter zu modernisieren. Bruno Latour schreibt in seinem Buch
We Have Never Been Modern (Original:
Nous n'avons jamais ete modernes), dass dem Erfolg und gleichzeitigem Fluch der Moderne drei Garantien zugrunde liegen, die unsere paradoxen Auffassungen von Natur versus Kultur überbrücken: