19. September 2015

Utopisch wie Natur sein kann

Schönheit führt zu Liebe und Liebe führt zu Verantwortung

Takashi Amano: 40 Meter Naturaquarium, die ins Herz treffen (alle Fotos von Gilbert Dietrich)

Im August dieses Jahres starb der wohl leidenschaftlichste Aquarianer unserer Zeit Takashi Amano (Naturaquarien: Das komplette Werk 1985 - 2009) im Alter von nur 61 Jahren. Gerade noch rechtzeitig wurde seine Installation The Tropical Paradise im Oceanário de Lisboa in Portugal fertig. Dieses 40 Meter lange und wie ein flaches U geformte Aquarium stellt einen Flusslauf nach und ist das größte angepflanzte Naturaquarium der Welt. Letzte Woche sah ich mir dieses Wunderwerk der Naturinstallation in Lissabon an.

Ich bin sehr traurig, wenn ich die von uns Menschen ruinierte Natur sehe und ich fühle gleichzeitig die Fragilität dieser Natur... Ich glaube, dass die Art und Weise, wie wir unseren Geist im Verständnis der Natur ausbilden, das Erschaffen einer Umwelt bestimmt, wo Menschen mit der Natur in Harmonie und Wohlstand leben können. (Takashi Amano, von mir aus dem Interview The Passion for “The Tropical Paradise” übersetzt.)


Amano wollte über die Schönheit seiner Installationen das Interesse der Menschen und damit ihre Liebe für die Natur erwecken. Für ihn war dabei nicht die naturgetreue Nachbildung der Unterwasserwelt interessant, sondern das Erschaffen faszinierender Landschaften, wie sie sein könnten. Dabei scheute er sich nicht, Pflanzen, Fische und Garnelen zusammenzubringen, die in der Natur nicht zusammen vorkommen. Er erschuf Utopien, die hyperrealistisch aussehen und uns damit so faszinieren, dass wir unser Herz für diese Natur entdecken. Wie - so muss die Frage lauten - bringen wir es nur über uns, diese überwältigende Schönheit so rasant und effizient zu vernichten?

Amano reiht sich ein in eine Gruppe von Künstlern, wie sie uns schon im Dark Mountain Project begegnet ist: Sie sind unromantische Ästheten, die keine aktivistischen Illusionen zur Rettung der Natur mehr haben, sondern die mit einem Herz voll Trauer versuchen, schöne Dinge zu erschaffen, die uns alle faszinieren und Liebe, Trauer und letztlich ein Verantwortungsgefühl für unsere Umwelt in uns erwecken können. Wir wissen, dass wir mit 9 Milliarden Menschen nicht "zurück zur Natur" können, sondern dass von jetzt an alles eine Kulturleistung sein muss, ein Kompromiss im Gestalten der Umwelt. Die Schönheit der Natur ist dabei ein extremer Aspekt, der uns wahrscheinlich am schnellsten verlorengehen wird, noch lange bevor uns die Natur als "Ressource" verlorengehen wird. Die Natur als Resource zu sehen, ist notwendig. Aber die Reduzierung wird ihr eben nicht gerecht und sie löst keine Emotion bei uns - den Zerstörern - aus. Takashi Amano ist einer jener Utopisten, die uns mit natürlich-künstlicher Schönheit ins zerstörerische Herz treffen wollen.



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