29. März 2013

Die Gefahr von Psycho-Kult und Selbstoptimierung

Spätestens mit dem Ende des 18. Jahrhunderts ist in Europa und Nordamerika die Ära der Psychologischen Kultur angebrochen. Die Romantiker gingen als erste populäre Jugendbewegung den Weg nach innen und meinten, dort die Welt zu entdecken: in der Introspektion, in den dunklen Höhlen der individuellen Psyche, wo man nun mit ersten Fackeln etwas Licht machte. Was dann folgte, war - begleitet von genereller Individualisierung als Lebensprojektion - der Aufstieg der klinischen und wissenschaftlichen Psychologie. Daran an schließt sich nun die allgegenwärtige Vulgärpsychologie.

Joseph Wright of Derby. A Grotto in the Gulf of Salernum, with the Figure of Julia, Banished from Rome. exhibited 1780
Licht in den dunklen Höhlen unserer Psychen (Joseph Wright of Derby, 1780)

Wir sind angekommen, in einer völlig durchpsychologisierten Öffentlichkeit. Überall im öffentlichen und privaten Leben geht es um Psychologie und oft in seiner banalsten Form bis hin zur allgegenwärtigen Ratgeberliteratur mit ihrem Versprechen von einfachen Lösungen unserer schwierigen Probleme. Auch das populäre Phänomen Coach als Beruf all derer, die oft ohne entsprechende Ausbildung und Expertise anderen durch ihr Leben helfen wollen, ist hier einzuordnen.¹ Und natürlich auch all die Internetseiten, die wie Geist und Gegenwart um Themen wie Sinnfindung, Selbstoptimierung, Karriere oder Paarbeziehungen - also die Psychologie des Alltags - kreisen, sind hier einzuordnen.

Absurdität und Gefahr unserer psychologischen Kultur

So nachvollziehbar und in seiner Motivation auch folgerichtig der Drang nach Verständnis und Optimierung des eigenen Lebens ist, so birgt er auch Gefahren, auf die ich im Folgenden eingehen will. Vorweg nehmen kann man, dass diesem Bestreben sowieso eine tragische Komik anhaftet, denn wir werden nie dort ankommen, wo wir hinstreben. Das totale Selbstverständnis und die absolute Sinnerfüllung mit einem glücksoptimierten Leben als Belohnung wird es nicht geben. Vielmehr müssen wir uns darauf einstellen, dass unser Leben einen oft beschwerlichen und verwirrenden Weg nehmen wird. Klar können wir einiges dazu beitragen, dass dieser Weg mehr oder weniger glücken wird, aber vom Wunsch nach Glücksrezepten müssen wir uns verabschieden.

Der Konflikt zwischen Denken und Handeln

Was jede Romantik und jede Innerlichkeit, ja jede Reflexion und jeder Gedanke überhaupt immer bedeutet, ist mindestens eine Handlungsverzögerung, wenn nicht sogar eine Hemmung. Vor diesem Hintergrund sind all die Vorurteile, die Routinen, die Glaubenssätze und Automatismen im Alltagshandeln - also all das, was Coaching und Psychologen immer auflösen wollen - eine pragmatische Entlastung vom zögerlichen Nachdenken und mühseliger Entscheidungsfindung. Auf die Spitze getrieben ist diese Entlastung im Instinkt, der anders als Routinen nicht erlernt wird, dem aber wie bei Routinen einfach nachgegenagen wird, ohne zu zögern.²

Das ist sehr effektiv und diesen Drang nach Effizienz haben wir - trotz aller Fähigkeit zur Ambivalenz und Flexibilität - auch, weil alles andere Anstrengung ist und Energie kostet. Deswegen ist es so schwer, mit Vorurteilen und Routinen zu brechen, sie funktionieren und sparen Zeit und Mühe. Auf der anderen Seite hat diese Flexibilität durch Reflexion - in der Anthropologie spricht man vom Menschen, als dem nicht festgestellten Tier - uns die weltweite Ausbreitung und die Anpassung an beinahe jede vorgefundene Situation ermöglicht: Von der Arktis über die Regenwälder bis in die Wüsten. Keiner anderen Tierart ist solch eine Ausbreitung geglückt. Warum nicht? Weil sie darauf angewiesen sind, dass sie in die Umwelt passen, während wir die Umwelt jeweils an uns anpassen.³

Wir haben also aus dem Vermögen der Innerlichkeit, der Reflexion und des Widerstands gegen den Instinkt ein Paradox als Ergebnis: Zum einen hemmen diese verkomplizierenden mentalen Operationen die Tat als physischen Akt der Veränderung der Umwelt. Zum anderen hat dieses Vermögen uns erst ermöglicht, die Umwelt wie kein anderes Tier zu verändern. Es bedeutet aber auch: Wir sind gezwungen, die Welt zu verändern. Ein natürliches Vor-sich-hin-Leben, wie es im Tierreich geschieht, ist uns nicht vergönnt. Wir sind zur Arbeit und zur ständigen Verbesserung verdammt.

Früher war alles besser

Für unsere psychische und auf Optimierung unserer Selbst ausgerichtete Kultur zahlen wir den Preis der Selbstverständlichkeit des Lebens. Mit der Selbstreflexion und dem Anspruch, mein Leben zu verbessern, kommt alles zu einem künstlichen und eigentlich nicht notwendigen Halt. Mein Leben geschieht nicht mehr aus sich selbst heraus und in natürlich-selbstverständlicher Weise, sondern ich bremse ab, orientiere mich neu, lege vielleicht sogar eine Wende hin. Das ist anstrengend und frisst eventuell all das auf, für das ich zuvor gelebt und gearbeitet habe. Dieses menschheitsgeschichtlich ziemlich neue Hinterfragen des eigenen Lebens, seiner Qualitäten und Abhängigkeiten wird selbst zu einer Anstrengung, die uns das Leben vermiesen kann. Früher war alles besser heißt eigentlich nur: Damals war das Leben schlecht, aber wenigstens konnte man nichts dagegen tun.

Nach dieser Einfachheit und Schicksalsergebenheit könnte man sich auch zurück sehnen, denn dort gab es keine Qual der Wahl, man musste sich nicht beweisen, nicht besser als der Nachbar sein. Es gab keine gesellschaftlichen Höhen, zu denen man sich aufschwingen konnte. Die gesellschaftlichen Stände sorgten für die Stabilität des eigenen Scheiß-Lebens. Heute bin ich selbst dafür verantwortlich. Und dabei reicht es noch nicht einmal, einen bescheidenden Wohlstand zu erreichen, mit dem ich mich und meine Familie ernähren kann. Zusätzlich muss alles mit Qualität und Sinnerfüllung angereichert sein.

Die Last mit der Sinnerfüllung

Ein einfaches Beispiel für den Stress, den uns das beschert, ist die Arbeit heute. Arbeit heute steht immer mehr unter dem Druck, sinnerfüllt zu sein. Es geht nicht mehr darum, Brot und Butter zu verdienen. Es fängt damit an, dass ich möchte, dass die Gesellschaft mich benötigt, dass ich einen Wert über mich hinaus für alle schaffe, indem ich arbeite. Wie oft hört man, dass das Grässliche an der Arbeitslosigkeit das Gefühl sei, nicht gebraucht zu werden. Die Arbeit selbst muss dann auch noch Spaß machen oder mit Sinn erfüllt sein, optimalerweise die sogenannte Selbstentfaltung ermöglichen.

Damit kein Missverständnis entsteht: Ich finde, dass es eine gute Entwicklung ist, die Arbeit nicht nur als Knochenjob erledigen zu müssen, sondern Spaß dabei zu haben und Erfüllung in ihr zu finden. Das ist gut, wenn es klappt. Was macht aber dieser Anspruch mit uns: Er setzt uns alle unter Druck. Statt einfach Tischler oder Bäcker zu werden, weil das eben gebraucht wird, fragt sich jeder ständig: Ist es das, was zu mir passt? Habe ich meinen Traumjob gefunden? Erfüllt die Arbeit meine Ansprüche an Sinnhaftigkeit? Kann ich mich hier selbst entfalten?

Dieses Beispiel zeigt einfach die Ambivalenz unseres Anspruches und unseres Drangs nach Optimierung des Lebens. Ich glaube gar nicht, dass wir eine Wahl haben. Wir können nicht hinter das Erreichte zurückgehen und einen geringeren Anspruch an unser Leben stellen. Wir können aber immer unsere Ansprüche verschieben, Alternativen finden. Muss mir wirklich mein Job den Raum zur Selbstentfaltung bieten oder kann ich das nicht auch in der Familie, im Hobby, im Sport, in der Kunst und Freizeit?

Mein Punkt ist einfach: Es könnte uns gut tun, das Sub-Optimale des Lebens hier und da zu tolerieren, anstatt immer nach der nächsten Optimierung zu suchen. Wir sollten uns nicht unter Druck setzen, dass alles immer auch sinnerfüllt ist. Wir sollten vielleicht nicht immer solche Ansprüche an alle und jeden um uns herum haben. Hören wir doch mal auf mit dem Psychologisieren, dem Hinterfragen, Interpretieren und Durchleuchten und nehmen die Welt, das Leben und unsere Mitmenschen einfach als das, was sie erscheinen. Das wird nicht auf Dauer gehen, aber vielleicht doch manchmal, einfach um Luft zu holen und weiter zu gehen im Leben.



Anmerkungen
  1. Selbstverständlich gibt es auch gut ausgebildete Coaches. Interessant ist aber, dass das gesamte Konzept Coaching ein Produkt unserer durchpsychologisierten Zeit ist, selbst dann, wenn der einzelne Coach dezidiert nicht-psychologisch sein will.
  2. Wenn man sich andere höhere Säugetiere, sagen wir Bären, ansieht, dann versteht man, was das bedeutet: Bären sind, anders als Menschen, nicht flexibel. Sie ändern ihre Meinung nicht, müssen nicht lange entscheiden, dafür handeln sie so, wie sie es von ihrer Mutter gelernt haben und wie es ihnen ihre Instinkte nahelegen. Es gibt nur eine geringe Bandbreite der Flexibilität, zum Beispiel können sie bestimmte Vorlieben territorialer, kulinarischer oder intersubjektiver Art ausbilden. Alle großen Ereignisse wie Winterschlaf, Aufzucht der Jungen oder Verteidugung des Reviers werden auf die immer gleiche Art und ohne aufwendige Etscheidungsfindungen durchgezogen.
  3. Wir lassen hier erst einmal die ökologischen Konsequenzen unberücksichtigt, die das Phantasma der an uns angepassten Umwelt in einen Alptraum der ökologischen Katastrophen verwandeln können.

11 Kommentare:

  1. Danke für die Anregung, das werde ich beherzigen ;)
    Du hast Recht mit dem überinterpretieren, dass geht mir manchmal auch so. Allerdings darf man nicht vergessen, dass es ebenfalls Menschen gibt, die zu wenig nachdenken, einfach drauflos machen und ihr Verhalten nicht hinterfragen. Wie so oft ist ein vernünftiger Mittelweg gefragt.
    Und da sind wir schon wieder beim optimieren, lol...

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  2. zum thema sinnerfüllung:
    ich denke, dass es das einzige ist worum es geht. ein tischler ist meistens tischler weil er es wirklich gerne tut. gerade im guten alten handwerk ist noch viel liebe und leidenschaft zu spüren.

    eher im büroalltag fehlt die sinnerfüllung. ich bin aus österreich wo es 500.000 diagnostizierte burn out fälle gibt! ich denke, dass die menschen nicht im burn out sind, weil sie sich den kopf zerbrechen, ob das ihr traumjob ist oder es zu ihnen passt was sie tun.

    sie sind im burn out weil sie nicht wissen wo ihnen der kopf steht und sie ihren job hassen.

    ich denke alle haben ein recht darauf das zu tun, was ihre leidenschaft ist und damit erfolgreich zu sein (wobei erfolg relativ ist ;-)

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  3. Ein wahrer Hilferuf des Verfassers, seiner Resignation Ausdruck zu geben. Anders kann man sich einen Ausspruch wie "Ich glaube gar nicht, dass wir eine Wahl haben. Wir können nicht hinter das Erreichte zurückgehen und einen geringeren Anspruch an unser Leben stellen" nicht wirklich erklären. Doch man merkt auch, dass er eine Lösung ersehnt, aber nicht weiss "WIE".

    Und wie es so ist, wenn man sich als Opfer des Systems sieht wird natürlich ein Schuldiger gesucht. In diesem Fall die Psychologie, das Coaching und all deren Vertreter die, auch wenn nur sehr selten im Auge des Verfassers gut ausgebildet, doch nichts bewirken können.

    Doch leider, ein aufmerksamer Leser ahnt es schon, kann ein Coach oder Psychologe jemanden nur dahin begleiten, wohin dieser begleitet werden will - ist das Resignation und Hoffnungslosigkeit, ist es eben dieses Ziel. Es ist wie bei einer wissenschaftlichen Studie - das Ergebnis wird immer das bestätigen, was die Treiber dieser Studie als Aussage erreichen möchten ... Ergebnisse sind eben eine Folge von Absicht ;-)

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    1. Ich selbst finde die Psychologisierung überhaupt nicht störend. Auch die ständige Optimierung nicht. Für mich besteht der störende Trend stattdessen in der Pathologisierung von "Normabweichungen", wie z.B. die Entwicklung der Anzahl an ADHS Diagnosen.
      Der vorherige Kommentator beschreibt auch mein Verständnis von Coaching. Und paradoxerweise könnte Coaching genau bei den Anliegen helfen, welche der Autor als Aufforderung formuliert: einen guten Weg für sich zu finden, weniger zu psychologisieren (oder von einem selbst als psychologisierend empfundenen System leiten zu lassen), weniger Druck zu verspüren, das Gefühl zu haben, auch mal Luft holen zu können und weiter gehen zu können im Leben.

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    2. Uups, lieber anonymer Leser vom 2. April 2013 19:25... da haben Sie wohl etwas viel hineinglesen: "Resignation", "Hilferuf", "Opfer des Systems"... das passt nun wirklich nicht auf diesen Artikel.

      Ich glaube gar nicht, dass wir eine Wahl haben. Wir können nicht hinter das Erreichte zurückgehen und einen geringeren Anspruch an unser Leben stellen.

      Dieser Satz ist doch alles andere als Resignation! Er besagt doch nur, dass wir mit Recht an unserem Anspruch an ein sinnerfülltes Leben festhalten. Die Frage ist nur: Wie? Und meine Antwort gebe ich ja gleich mit:

      Es könnte uns gut tun, das Sub-Optimale des Lebens hier und da zu tolerieren, anstatt immer nach der nächsten Optimierung zu suchen. Wir sollten uns nicht unter Druck setzen, dass alles immer auch sinnerfüllt ist. Wir sollten vielleicht nicht immer solche Ansprüche an alle und jeden um uns herum haben. Hören wir doch mal auf mit dem Psychologisieren, dem Hinterfragen, Interpretieren und Durchleuchten und nehmen die Welt, das Leben und unsere Mitmenschen einfach als das, was sie erscheinen. Das wird nicht auf Dauer gehen, aber vielleicht doch manchmal, einfach um Luft zu holen und weiter zu gehen im Leben.

      Ich empfehle: Noch mal in Ruhe lesen und versuchen, die Nuancen zu erspüren. Und nehmen Sie nicht alles so bierernst: Ich, der Autor, bin ja selbst ausgebildeter Coach, praktiziere und setze mich viel und gern mit Psychologie auseinander, wie dieser Blog ja zeigt. Die Fähigkeit, sich selbst und sein Handwerk zu hinterfragen, schätze ich übrigens hoch!

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  4. Ein wenig Futter für's Hirn;

    Vorweg, wer lebt um zu arbeiten, hat das Leben nicht verstanden.

    Euer Leben ist eures, als Solches gilt es genoßen zu werden. Man muss akzeptieren das wir in einer Gesellschaft leben, in der man nicht ums arbeiten herumkommt, da wir alle an Geld gebunden sind. Da hört es dann aber auch schon auf. Wer sich weiter einspannen lässt als nötig, ist selber Schuld ;)

    Hier gilt es aber nun zu erkennen, dass das große Geld, der Reichtum und materialistische Güter nichts zu unserem Wohlbefinden beitragen. Man braucht kein BMW/Mercedes oder sonstige Luxus-Karre. Ein Auto muss fahren. Ende. Wir brauchen keine Häuser / Wohnungen: Nicht zuletzt ist es offensichtlich das unsere Gesellschaft zwangsläufig vor einem Kollaps stehen wird; entsprechend wird es in diesem Fall niemanden mehr interessieren 'wem was gehört'. Immobilien, wie auch Geld sind nichts weiter als fiktive Sicherheiten, da wir diese damit behaften. Nicht zuletzt hindert niemand niemanden daran etwas zu tun, was diese Person nicht aus freien Stücken (Moral, Ethik, Respekt, etc.) zu unterlassen vermag. Auch Familien und die Hochzeit ist komplett überflüssig - auch wenn diese durchaus positiv zu einem Leben beitragen können.

    Letztlich gilt es zu erkennen das Schule -> (Uni) -> Arbeit -> Karriere/Geld -> Frau / Familie keine Formel ist die Glückseligkeit verspricht. Bestenfalls trägt sie dazu bei unser Leben so triste zu gestalten wie man es oftmals vorfindet.

    Auch wenn 8 Stunden eingespannt sein ein ordentlicher Brocken unserer täglicher Zeit sind, so gilt es zu erkennen das selbst im Zweifelsfall noch mehr als genug übrig bleibt uns selbst zu entfalten - vorausgesetzt wir haben erkannt was wirklich zählt.

    Würde jedem von uns einmal klar werden wie wenig er eigentlich zum Leben braucht (siehe: voller Kühlschrank) so bleibt viel mehr Geld und Zeit für andere, wichtigere Dinge die uns erfüllen. Idealerweise erfüllt uns natürlich unser Beruf - aber wir leben in einem System das uns keine freie Entfaltung gewährt (z.B Zulassungsbeschränkungen auf Uni (Notendurchschnitt, (Fach-)Abi)) - Darüber hinaus wird Lehrstoff zunehmend aus der extrovertierten Richtung vermittelt, die wenig mit der Tiefe der Realität gemein hat.

    So interessiere ich mich bspw. sehr für Psychologie (C.G Jung) - Typologien, wie auch Jungs Gesamtsystem besitzt aber keinen wirklichen Platz in unserer Welt (oder gilt als überholt, wovon ich nicht im geringsten überzeugt bin) oder einem Psychologiestudium. Man wird vollgepumpt mit belanglosen und ggbf. nicht zusammenhängendem Faktenwissen das keinerlei Mehrwert bietet, aber wichtig ist um ein Papier zu enthalten das uns nachher dazu berechtigt Leuten zu helfen - unabhängig davon wie menschlich verkommen und/oder unterentwickelt einige der Abgänger sind. Dann nimmt man noch den DSM-Katalog als Bibel und wir leben in einer Gesellschaft wo bisweilen jeder mindestens 2-3 Diagnosen erhält. Nichts von alldem trägt einer erfolgreichen Individuation bei - bestenfalls hindert sie einen dabei.

    Zuletzt heißt das im Klartext: Etwas nicht auf Papier zu erhalten, oder nicht mit seinem Interesse Geld verdienen zu können sollte niemanden daran hindern sich frei zu entfalten und den Dingen nachzugehen die einen wirklich interessieren. Kontrolliert eure Fixkosten, braucht ihr wirklich Smartphones mit 50€+ mtl. Kosten? Braucht ihr das dicke Auto? Braucht ihr die euch vielleicht viel zu große Wohnung? Nein? Werdet sie los! Nun hat man gleich viel mehr Finanzen zur Verfügung für Dinge die einem Wichtig sind. Zu wenig Zeit und zu viel Geld? Halbtagsstellen! Besser geht es doch kaum noch: 4 Stunden gemütlich Arbeit erledigen und sich danach den Dingen widmen die einen wirklich reizen. Für Singles sicherlich mehr als erstrebenswert.

    Nun, die zusammengestauchte Formel der Glückseligkeit:
    Wohnung + voller Kühlschrank + genug Geld/Zeit Hobbies/Interessen/Studien nachzugehen - und siehe da: Das Leben mag so einfach sein :)

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  5. schöner Artikel und trifft genau das, was ich mich auch immer wieder frage (ohne drückende Schwere, eher Neugier): Wo ist die Selbstverständlichkeit des Lebens? Wir optimieren, wir hinterfragen, wir coachen uns, wir müssen Themen wie Achtsamkeit erst lernen...

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  6. ich würde es so sagen. Wenn es einem gut geht und man mit seiner Umwelt zurecht kommt, dann gibt es keinen Grund zu reflektieren, zu hinterfragen und sich selbst zu optimieren. Dieser Zustand wechselt sich jedoch immer wieder mit der Notwendigkeit ab, Lösungen für Probleme zu finden. Hierfür hat sich unser Gehirn entwickelt mit all seinen Möglichkeiten. Da sich unsere Umwelt laufend ändert, heutzutage besonders schnell, können wir nicht umhin immer wieder vor Herausforderungen zu stehen, die wir, sinnvollerweise durch denken, meistern müssen. Wenn man ein Durchdenker und "Problemlöser" ist, besteht in der Tat die Herausforderung darin, dieses Verhalten ab und an zu unterlassen, da es an sonsten unglücklich macht. Daher stimme ich der Aussage dieses Artikels voll zu. Hab zu diesem Thema auch mal was geschrieben, gibt da auch eine sehr gute Wissenschaftliche Erläuterung dieses Phänomens http://proceeding-alteration.blog.de/2014/06/29/eigenertext-frage-gluecks-18713589/

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  7. Wo ein wirkliches Hinschauen, ein Annehmen, ein Nicht-Im-Kampf-Sein ist, hat sich vieles von selbst erledigt. Wenn ich den Hof fege, fege ich Ihn, so gut ich kann, automatisch kommt da Freude auf. Wenn Menschen mich anfeinden, sehe ich das ängstliche Kind dahinter, und antworte manchmal nicht darauf, sondern erkläre nur meinen Standpunkt, denn ich bin nicht im Krieg. Mir kommt diese ganze Psychologisiererei vor wie eine Verblendungsmaschine- ich sehe mein echtes Leben, den Moment nicht mehr, vor lauter, schriller Selbstverantwortungspropaganda (die durch ständiges Wiederholen eine Art virtuellen Raum schafft, in dem ich nicht mehr wirklich lebe, sondern nur noch in einer Art ständigen Reflexion von rückwärts nach vorwärts springe)

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  8. Ein schöner Beitrag und aus meiner Sicht auch jetzt noch aktuell, sechs Jahre später. Vielem stimme ich zu.

    Ergänzen möchte ich gerne, dass es aus meiner Erfahrung auch heute noch zahlreiche Menschen gibt, die kaum auf dem Schirm haben, dass die Arbeit über das Materielle und das Prestige hinaus sinnstiftend sein kann und das nach Möglichkeit auch sollte. Hier ist es aus meiner Sicht durchaus lohnend, ein entsprechendes Bewusstsein zu schaffen. Für die betreffende Person selbst und für die Gesellschaft.

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    1. Vielen Dank für den Kommentar! Ja, das stimmt sicher und wird mit zunehmender Automatisierung in der Arbeitswelt noch wichtiger. Vielleicht wird es in der "Arbeit" irgendwann ausschließlich darum gehen, die Menschen beschäftigt zu halten, weil man ihre Arbeitskraft nicht braucht. Dann doch lieber sinnvoll beschäftigt.

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