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Erkenne dich selbst. Der Rest kommt (fast) von allein.

10. März 2013

Das gute Leben braucht Zeit und Resonanz

Wir hetzen dem guten Leben hinterher und verpassen es gerade dadurch

Warum ich Philosophie studiert habe, werde ich oft gefragt. Ganz einfach: Weil die Kernfrage der Philosophie im Grunde folgende ist: Was ist das gute Leben und wie erreiche ich es? Philosophen antworten darauf meistens, dass es das Denken selbst ist, das das Leben lebenswert macht. Die Liebe zur Weisheit ist daher auch die wörtliche Übersetzung des griechischen φιλοσοφία und des lateinischen philosóphia.

Denken, Weisheit, Besinnung... das bekommt man nur, wenn man die Muße hat, einen Schritt von der Hektik zurücktreten kann, die das Leben oft bedeutet. Warum ist das heute so schwer? Ist es heute überhaupt schwerer, als früher? Im Philosophie Magazin (02/2013) meint der Beschleunigungstheoretiker (was es heute nicht alles gibt!) Hartmut Rosa, dass unsere Gegenwart immer mehr schrumpft und uns daher alles nicht nur immer schneller vorkommt, sondern an uns vorbei rauscht und dabei an Bedeutung verliert. Es fehle uns daher an der für ein gutes Leben nötigen Resonanz. Ist das so und wenn ja, was können wir tun?

Mit Muße und Besinnung die Gegenwart ausdehnen und erleben, dem guten Leben auf der Spur

Die üblichen Verdächtigen wie E-Mail, Handy und Facebook sind schnell ausgemacht und zusammengefasst die "Steigerungslogik des Kapitalismus" genannt. Aber es gibt auch ganz strukturelle Gründe, die uns hetzen lassen, um ein gutes Leben zu haben, das wir genau dadurch dann verpassen.

Das gute Leben als Privatsache

Eine grundlegende und befreiende Erkenntnis unserer westlichen Moderne ist, dass ideologische Konzepte vom guten Leben fast immer gewaltsame Folgen haben, denken wir an die Heilsversprechen von Kommunismus, verschiedener Religionen in verschiedenen Stadien oder allgemein einfach nur die ganz feste Überzeugung einer Gruppe, im Alleinbesitz der Wahrheit eines guten Lebens zu sein. Das geht selten gut aus.

Daher haben wir die Frage nach dem guten Leben individualisiert. Es ist Privatsache eines jeden, zu entscheiden, wie er leben möchte. Das ist eigentlich auch eine gute Idee. Der Haken an der Sache: Wir selbst ganz allein haben oft gar keine Ahnung, was für uns ein gutes Leben sein könnte. Viele suchen ewig nach einer Antwort und noch viel mehr haben nie angefangen, zu suchen. Wir finden gar nicht die Zeit, herauszufinden, was ein gute Leben sein könnte.

Das Versprechen eines schnellen Glücks

In diese Lücke stoßen nun Angebote aus der Gesellschaft: Arbeit macht glücklich, Kinder, Häuser, Autos, essen, reisen und so weiter. Oder denken Sie an esoterische Gurus, die immer für alles eine schnelle Lösung haben. Oft haben die, die solche Glücksmacher vertreiben, zum Beispiel über Werbung die medialen Mittel, unsere Suche nach einem guten Leben abzukürzen, indem sie mit ihren Produkten überall um uns herum schnelle Abhilfe versprechen. Wir fangen dann an, angeblich glücklich machenden Karrieren zu folgen, noch größere Fernseher zu kaufen oder Autos, Kredite für Häuser aufzunehmen und so weiter. Alle diese Glücksmacher sind jedoch nur für kurze Zeit wirksam, denn es gibt immer was neues, besseres, schnelleres oder größeres. Auch wir selbst haben immer das Gefühl, dass wir uns ständig weiter entwickeln müssen, um den anderen einen Schritt voraus zu sein oder die nächste Herausforderung im Leben zu meistern.

Und weil das gute Leben nun eben die Privatsache jeder einzelnen Person ist, verstehen und verhindern wir als Gesellschaft gar nicht mehr die Zwänge und Entfremdungen, die unsere Leben weg führen, von dem was vielleicht besser wäre. Denn es ist eben nicht mehr die Aufgabe der Gesellschaft, ein gutes Leben zu ermöglichen. Das muss schon jeder selbst machen. Aber anstatt zu pausieren und herauszufinden, was gut für uns ist, rennen wir den immer schneller werdenden Versprechen anderer hinterher.

Resonanz und Antworten über Facebook hinaus

Auf die Frage, was ein gutes Leben ausmacht, sagt Hartmut Rosa: "Das Wesentliche ist, eine gelingende Weltbeziehung entwickeln zu können. Es geht also ganz zentral um Resonanz" (Philosophie Magazin, 02/2013, S.57). Dabei reicht die Resonanz nicht aus, die wir bekommen, wenn wir eine Statusmeldung bei Facebook absetzen und auf die Likes und Kommentare warten. Zwar sind Facebook und andere soziale Möglichkeiten des Internets genau wegen dieser Resonanz so verführerisch, aber um ein gelingendes Leben zu führen, benötigt man einiges mehr von seiner Umwelt.

Rosa prägt das Bild von der "antwortenden Welt": Mein Wirken in der Welt, wird mich vor allem dann erfüllen, wenn es Antworten provoziert, wenn es ein Echo gibt, eine Resonanz. Wir benötigen die Anerkennung unserer Mitmenschen, der Gesellschaft, unserer Lebensgefährten und Kollegen, um ein vollständiges Ich-Gefühl zu entwickeln.

"Resonanz stellt sich nicht durch das Machen, das Beherrschen ein, sondern durch das Öffnen, durch das Offenwerden für etwas."  (Philosophie Magazin, 02/2013, S.58)

Das Antworten der Welt werden wir allerdings nur dann vernehmen, wenn wir auch hinhören, wenn wir offen sind für die Reaktionen unserer Mitmenschen und uns die Zeit nehmen, sie nachklingen zu lassen. Genauso benötigen wir Zeit, um auf andere zu reagieren, die auch auf Resonanz angewiesen sind. Wir nennen das schlicht zwischenmenschliche Beziehungen: Dem anderen Raum und Zeit geben, auf ihn zu reagieren und ihm die Zeit zu geben, auf mich zu ragieren. Nicht selten schaltet sich unsere Ungeduld dazwischen, etwas vom anderen zu bekommen, wenn wir ihn als bloßes Mittel zum Zweck begreifen. Eine Beziehung mit Resonanz wird sich darauf allein nicht gründen lassen.

Das Verstummen der Welt

Rosa meint, dass Menschen am Arbeitsplatz krank werden, weil die Anerkennung, die Resonanz, die Antwort fehlt. Das passiert dann, wenn immer schneller immer mehr abgeliefert wird, ohne dass etwas zurückkommt, ohne dass man den Fortschritt und die guten Folgen der eigenen Arbeit noch sieht. Dieses Muster lässt sich auf alle Lebensbereiche übertragen. Auf unsere Freizeit, wo wir vielleicht mit Kopfhörern ausgestattet auf dem Fitnessbike strampeln und dabei auf den Flachbildschirm vor uns starren. Oder im Urlaub: Wenn wir durch die Museen rennen, um alles (aber auch wirklich ALLES) zu sehen, dann nehmen wir uns nicht die Zeit, zu beobachten, genau hinzuhören und zu entdecken, was der fremde Ort oder das Gemälde uns sagen könnten. Es lässt sich auch auf die Beziehungen zwischen Liebenden übertragen, wie wir oben gesehen haben. Unser konsumistisches Verhältnis zur Welt führt zu ihrem Verstummen uns gegenüber.

Wo gehts lang zum guten Leben?

Wir müssen uns die Zeit nehmen, geduldig hinzusehen, genau zuzuhören, in Gänze und Detail zu erfassen, was die Welt und unsere Mitmenschen zu bieten haben. Hartmut Rosas sieht ziemlich optimistisch die folgende Alternative:

"Die Geschwindigkeiten, die Dynamik des sozialen Systems wieder auf ein für den Menschen gutes, human verträgliches Maß zu reduzieren. Die Frage sollte also nicht sein: Wie schnell können wir werden? Sondern: Was ist gut für uns? So gibt es wenigstens die Hoffnung, dass man auf dem Wege philosophischer Reflexion vielleicht doch noch dazu beiträgt, dass ein Systemwechsel stattfindet." (Philosophie Magazin, 02/2013, S.59)

Ich bin da weniger optimistisch, dass wir das als Gesellschaft mittelfristig hinbekommen. Dazu sind wir viel zu fasziniert vom Fortschritt, vom ewig neuen und außerdem wirtschaftlich zu sehr abhängig davon, immer schneller und effizienter zu werden. Hoffnung macht mir vor allem, dass immer mehr einzelne Menschen wie du und ich begreifen, dass sie mit dem Hetzen, dem Streben, dem Besitzen aufhören müssen, weil sie nämlich die Welt nicht mehr sehen und hören, sondern ständig an ihr vorbei eilen. Wir verstehen immer mehr, dass wir mit dem bewussten Leben anfangen müssen und wir sind bereit, dem Zeitgeist etwas entgegen zu setzen und auf manches zu verzichten, wenn wir dadurch nur mehr Zeit bekommen. Wir wollen das Leben erkennen und verwirklichen, das für uns und unsere nächsten gut ist und das lässt sich nicht auf materiellen Reichtum reduzieren. Ist das der Weg, auf dem wir doch noch zu uns selbst finden? Welche Chancen sehen Sie?



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21 Kommentare:

  1. Was für eine schöne Lektüre an diesem Montag morgen. Vielen Dank dafür :)

    Der Gedanke, dass unsere Gegenwart schrumpft, finde ich sehr interessant (und beängstigend zugleich)! Ich denke das passiert hauptsächlich dadurch, dass wir uns viel in den anderen zeitlichen Dimensionen gedanklich aufhalten: wir grübeln über die Vergangenheit und denken über die Zukunft nach. Ob das mehr der Fall ist als "früher"? Da stellt sich mir immer die Frage nach welchem Früher. Als früher in meinem eigenen Leben, sicherlich. Als Kind ist man viel besser im Hier und Jetzt verankert.

    Auch wenn die Gesellschaft die Verantwortung für das gute Leben an das Individuum abgegeben hat, so gibt es dennoch weiterhin viele Vorgaben und Verbote. Jeder muss selbst für sich herausfinden, was gut ist, doch das wird teilweise durch eben diese Vorgaben erschwert, wie ich finde. So lange wir in einer Gesellschaft leben, werden Erwartungen an uns herangetragen werden.

    Das Konzept des guten Lebens ist an sich sehr komplex. Denn ein Mensch wandelt sich, Bedürfnisse und Prioritäten verschieben sich im Laufe des Lebens. Was gestern gut tat, muss es heute nicht mehr tun und vice versa. Wichtig ist also, ein Gespür für sich selbst zu entwickeln und zu behalten. Sich immer wieder die Frage zu stellen, ob man genau an dem Ort ist, wo man sein möchte. Und natürlich lernen zu unterscheiden, zwischen dem, was uns kurzfristig und dem, was uns langfristig glücklich macht.

    Die Bedürfnisse der Menschen sind meiner Meinung nach universell, aber der Weg der Bedürfnissbefriedigung ist sehr individuell.

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  2. sehr sehr guter und interessanter Artikel... hab da in letzter Zeit auch ein bisschen drüber nachgedacht, vor dem Hintergrund des psychischen Grundbedürfnisses nach Selbstwerterhalte/erhöhung nach Klaus Grawe. Die menschliche Psyche ist nach dessen Konsistenztheorie auf Selbstwert angewiesen und diesen erhalten wir eben durch Rückmeldung und Interaktion mit unserer Umwelt. Da passt dieses Thema, Resonanz prime :)

    Vielen Dank!
    http://proceeding-alteration.blog.de/

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    1. Danke, Johannes Supertramp, für das Lob und die ergänzenden Hinweise.

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  3. "Kinder, Häuser, Autos, essen, reisen und so weiter." ich finde es sehr unglücklich, Kinder unter die Konsumguter einzureihen. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass gerade Kinder die Resonanz bieten, die uns in der Hektik des Alltags abhanden kommt. Vorausgesetzt wir lassen uns auf den langsamen Rhythmus der Kinder ein. Vorausgesetzt, wir beugen uns zu ihnen hinunter und entdecken so die schönen, bisweilen vergessenen Kleinigkeiten des Lebens. Kinder sind die Beste Möglichkeit sein inneres Kind und damit sich selbst (wieder) zu entdecken.

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    1. Da stimme ich zu: Kinder bieten diese Resonanz in ganz besonderer Weise. Es ist auch keine Reihe von Konsumgütern, denn ganz am Anfang der Reihe steht "Arbeit" (von Ihnen nicht mitzitiert) und auch die kann ganz viel Resonanz liefern, sollte sie sogar. Diese Reihe ist nur eine Reihe von gesellschaftlich tradierten "Notwendigkeiten", die ich aber nicht werten möchte. Ich selber fahre ja zum Beispiel auch ein Auto und finde das nicht schlecht. Ich finde nur, jeder soll diese Traditionen für sich hinterfragen und entscheiden, ob es zu ihm/ihr passt. Wir müssen ja keine Kinder (Arbeit, Autos, Häuser) haben, nur weil der Druck der Gesellschaft uns in die Richtung weist.

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  4. Vielen Dank für den Artikel und die guten Impulse.
    Es ist auch meiner Erfahrung nach so, dass ein Tritt aus dem Hamsterrad (unabhängig davon, woraus dieses gebaut ist) hilft, die Ruhe für das Nachdenken zu finden. Allerdings trauen sich viele Menschen nicht, diesen Schritt zu tun - denn die plötzlich eintretende Stille (auch erst einmal Stillstand) zwingt einen dazu, sich mit sich und seinen Gedanken zu beschäftigen. Und da durch die Stille oftmals Unmengen an Gedanken, Ideen und Fragen auf uns einstürmen, kann das sehr beunruhigend sein. Es verleitet oft dazu, schnell wieder ins Hamsterrad zu stürmen (= Sicherheit und Ablenkung) - hilfreich ist es aber, sich auszutauschen und sich die Muse zu gönnen, an den Gedanken etc. zu arbeiten - Schritt für Schritt und Themen aufzulösen. Dadurch kann ich eigene Anerkennung generieren für das, was ich kann, bin und leiste - aber auch mich mit meinem Umfeld zu beschäftigen und dieses zu erkennen und zu genießen. Ich wünsche einen schönen Tag und sende herzliche Grüße.

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  5. Ich kann diesen Gedanken nur beipflichten. "... wir selbst haben immer das Gefühl, dass wir uns ständig weiter entwickeln müssen, um den anderen einen Schritt voraus zu sein".... Das "voraus-sein-wollen" Tempo, möglichst nichts zu versäumen, kostet auf Dauer einen Preis, der vielen nicht bewusst. Erst wenn Zusammenbrüche und eingreifende Krankheiten sich unabänderlich in solche Leben drängen, kommt manche/r langsam zur Besinnung. Stille, Ruhe und Auszeiten, überprüfen der eigenen Verhalten, aussortieren von Unwichtigem, klare Konsequenzen ziehen, spüren wie und wo man sich eigentlich befindet kann dem wahren Lebenssinn Untergänglichen entgegenwirken.

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  6. Ich finde den Artikel ebenfalls sehr interessant und mit vielen guten Gedanken. Aus meiner Sicht und Erfahrung möchte ich noch hinzufügen: In erster Linie kommt es immer auf uns selbst an. Die Gesellschaft kann uns Normen vorgeben, die Zeit kann uns mit immer neuen Herausforderungen überrollen, unsere Umgebung kann uns anerkennen oder auch nicht; jedoch die Qualität eines guten Lebens hängt in großem Maße davon ab, wie wir selbst mit allen diesen Dingen umgehen und wie wir unser Leben empfinden und gestalten. Ein wacher Verstand, Verantwortung für das eigene Leben und die eigene Gesundheit, ein gesundes Selbstbewusstsein, Dankbarkeit zu empfinden und zu wissen, wo wir stehen sowie eine Portion Zufriedenheit - das sind meines Erachtens in wichtige Voraussetzungen für ein gutes Leben. Persönliche Anerkennung, Resonanz, soziale Kontakte und Freunde sowie Neugier auf das Leben, aber auch ständige Bildung, tragen zusätzlich dazu bei.

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  7. Wundervoller Artikel. Danke.

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  8. Ein sehr interessanter Text, aber es sind noch 3 kleine Rechtschreibfehler drin. Ohne die Fehler wäre der Text noch besser.

    Liebe Grüße aus Leipzig,
    Katharina

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    1. Danke, Katharina.

      Wenn du helfen willst, dann nenn mir einfach die Fehler.

      Übrigens schöner DIY Blog! Auch die Fotos sind trotz Gruselwetters echt toll.

      Viele Grüße,

      Gilbert

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  9. Unsere kognitiven Eigenschaften werden uns führen - "Eindimensional oder mehrdimensional, einseitig oder relativierend, absolutistisch oder variabel, moralisch oder konkret, invariant oder in Verhaltensdiagnosen denkend, globale oder irreversibele Charakterdiagnosen, undifferenziert oder differenziert" (nach Beck, 1976). Ich bin sicher, dass jeder unserer Art die Zwänge und Dynamik des täglichen SEINS wahrnimmt. WIR SIND NICHT SOOO BLÖÖÖD WIE DIE DA OBEN GLAUBEN.
    Warum denkt man eigentlich, dass alle ausser einem selbst oder die eingeschworene Leserschaft unreflektiert durch das Leben läuft? Warum enthält man den NICHTfacebookkunden im nächsten Artikel die Auktion vor? Wie offen ist dieses Weltbild?

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    1. So offen, wie Sie wollen!

      Nur, weil Sie "NICHTfacebookkundig" sind, muss es ja nicht schlecht sein, dass andere Facebook nurtzen.

      Auf Ihre Frage: "Warum denkt man eigentlich, dass alle ausser einem selbst oder die eingeschworene Leserschaft unreflektiert durch das Leben läuft?" frage ich zurück: Ist das so? Wer denkt denn das?

      Ihre Kritik läuft darauf hinaus, dass alle bitte schön den Mund halten, sich ihren Teil denken, aber nicht das Risiko eingehen, darüber öffentlich und unter eigenem Namen zu sprechen. Das finde ich arm.

      Also: "Wie offen ist dieses Weltbild?" - So offen, wie Sie möchten!

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  10. Zu Tristan und Isolde

    Es würde fliegen in uns selbst, in ganz verhangnen Nächten;
    wären wir uns gleich mit dem päpstlichen Gerechten;
    hätten wir wohl die Natur des Habemus papa..., büxten wir in Echtzeit aus und würden damit echten.
    Nicht immer in verdenkend Status sind wir hier gefangen,
    selbst ist der Mensch, ein jeder für sich in seinen Gedanken verhangen.

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  11. "A quick end of it
    As it is in preventing one.
    The light of life,
    High above the drama,
    Shines on"(Ray Young Bear).

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  12. Ein sehr schöner, philosophischer Artikel. Vielen Dank! Ich kann vieles von dem unterstreichen und bestätigen, denn ich lerne als Coach und Experte für Neuorientierung im Beruf sehr viele Menschen kennen, die (in einem bestimmten Alter - meist um die 50) ihr Leben, Denken und Handeln hinterfragen. Sie stellen sich die Frage, ob sie das, was sie tun, noch erfüllt. Häufig kommt die Aussage, dass sie auch gerne noch einmal etwas ganz anderes machen möchten, was ihrem Leben mehr Sinn und Erfüllung gibt. Der Verzicht auf Einkommen oder Status spielt dabei keine Rolle.

    Aus meiner Erfahrung spielt die Veränderung von Werten im Laufe unseres Lebens eine entscheidende Rolle, dass wir irgendwann an einen Punkt kommen und uns hinterfragen. Die eigenen Werte haben sich gewandelt (zum Beispiel von Karriere und Einkommen hin zu Sinn, Hingabe oder Passion), aber das zugehörige Leben hat sich nicht mitverändert.

    Der Wunsch nach Selbstbestimmung im Leben und Beruf, nach Unabhängigkeit und Freiheit steht bei vielen der Veränderungwilligen im Fokus. Dies bedeutet nicht immer den Gang in den Selbständigkeit, sondern ein Mehr an "man selbst sein" und "eigenem Leben" leben.

    Der gesellschaftliche Prozess braucht Zeit. Ich bin zuversichtlich, dass veränderte Arbeitsformen, neue Management-Modelle und ein stärkeres Selbst-Bewusstsein bei uns langfristig zu den von Ihnen beschriebenen Zielen führen werden.

    "Glück und Zufriedenheit sind die Basis für Gesundheit und Erfolg im Leben."

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    1. Danke, Bernd Slahuis, für Ihren Kommentar und Ihre Beobachtungen! Sehr schön Ihr Satz:

      "Die eigenen Werte haben sich gewandelt (zum Beispiel von Karriere und Einkommen hin zu Sinn, Hingabe oder Passion), aber das zugehörige Leben hat sich nicht mitverändert."

      Darum geht es in meinem nächte Artikel Ankunft im Postmaterialismus. Was wir wirklich wollen.

      "Der gesellschaftliche Prozess braucht Zeit. Ich bin zuversichtlich, dass veränderte Arbeitsformen, neue Management-Modelle und ein stärkeres Selbst-Bewusstsein bei uns langfristig zu den von Ihnen beschriebenen Zielen führen werden."

      Diese Ansicht teile ich absolut.

      Ihnen eine gute Woche!

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  13. Hallo Gilbert,
    dem Beitrag unterstelle ich, dass Lebensglück erreichbar ist, wenn ein Individuum sich der eigenen Bedürfnisse und den inneren und äußeren Zwängen, denen es unterworfen ist, bloß bewußt wird. Dafür bedarf es der Zeit für und dem Willen zu Reflexion. Aber: Für viele käme bei ernsthafter Befassung als Erkenntnis doch bloß die eigene Unterworfenheit unter gesellschaftliche Verhältnisse heraus, die nicht geeignet sind, allen Menschen ein gutes Leben zu verschaffen. Nun kann man sich also überlegen, ob man sich zu den Gewinnern oder Verlieren der gegebenen Verhältnisse zählen darf. Den Menschen, die unter diesen Verhältnissen in materieller oder ideeller Hinsicht leiden, nun zuzurufen: Hey, nehmt Euch ein Beispiel an Sokrates, Diogenes oder den Stoikern, nehmt Euer Schicksal an, schraubt Eure Ansprüche runter und erfreut Euch an der Wahrheit, die Ihr entdeckt habt, denn diese in den Händen zu halten und ihre Geltung zu akzeptieren sei doch wahres Lebensglück, halte ich für zynisch. "Aufklärung ist totalitär" heisst es in der "Dialektik der Aufklärung". Ich übersetzte das mal in unversönlich. Darin steckt, da stimme ich zu, eine Gefahr: Umschlag in Gewalt. Die angebotene Alternative: Um des Friedens willen Klappe halten und die Konkurrenzordnung akzeptieren? Aber welcher Frieden eigentlich? Weil es noch Ecken gibt, wo die Gewalt nicht handfest wird, von einer im Kern friedlichen Ordnung auszugehen, die bloß nicht zur rechten Geltung kommt, weil die Menschen ständig zu viel wollen, stellt das individuelle Unglück als immerzu selbsverschuldet hin. Ein für Psychologen, Coaches und Philosophen ergiebiges Feld bleibt so fruchtbar. "Du musst Dich ändern!" lautet der Schlachtruf. Damit der Rest bleiben kann, wie er ist.

    Herzliche Grüße
    Nikolaus Andras

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    1. Hm, es scheint, wir haben da fundamental verschiedene Welterlebnisse. Du scheinst zuerst einmal die Welt pessimistisch zu erleben. Bei mir ist es genau umgekehrt: Erst einmal stehe ich vor de Wunder der Existenz, meiner Existenz, der Existenz all dessen um mich herum. Und ich gehe zuerst optimistisch auf alles zu. Dann erkenne ich natürlich, dass nicht alles rosarot ist und dann versuche ich mich dort mit dem Optimismus im Herzen in das Realistischen hinein zu arbeiten.

      Wenn du als Prämisse setzt, dass es kein richtiges Leben im Falschen gäbe (was ich für Blödsinn halte), dann erübrigt sich alles Denken rund ums "gute Leben".

      Gleichzeitig weiß ich, dass viele nicht auf so leichte Art wie ich Zugang zu einem "guten Leben" haben. Aber auch diese Erkenntnis gehört dazu, um das Leben wert zu achten. Ich fürchte, ich kann nicht für alle denken und alles, was man positiv sagt, kann vor dem entsprechenden Hintergrund als "zynisch" bezeichnet werden. Genau aus diesem Grund sagte Adorno, dass man nach Auschwitz keine Gedichte mehr schreiben könne. Hat er damit Recht? Natürlich nicht, denn das ist ein Totschlagargument. Nach Auschwitz kann man dann auch nicht mehr ins Kino gehen oder sich an einem Wein erfreuen. Nach Auschwitz kann man gar nichts mehr. So ähnlich empfinde ich auch dein Argument: Natürlich kannst du alles eitel und zynisch nennen (nicht nur meine Texte), wenn du es vor dem Hintergrund von Mord, Terror, Hunger usw. betrachtest. Aber das ist eben nicht meine (einzige) Lebensrealität. Ich habe neben all dem Grauen auch ein gutes Leben. Ist mein Leben deshalb zynisch und falsch?

      Übrigens: Kann etwas totalitär sein, wenn es dialektisch ist?

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  14. Schön, dass sich Philosophen so wichtige Fragen stellen wie die nach dem guten Leben. Antworten zu geben ist irgendwie riskant. Man legt sich so fest. Rosa geht dies Risiko ein. Er kann damit wahrscheinlich nicht alles klären und hat einige Widersprüche, aber mir gefällt der Maßstab Resonanz. Ich fände es gut, da weiter zu denken. Wichtig finde ich z.B. die Frage Resonanz mit was? Bei Rosa sieht es oft so aus als ob 'Hauptsache Resonanz' gilt. Ich finde aber, dass man z.B. Resonanzstränge zum Auto, das zu einem spricht, und Stränge zu Lebewesen unterscheiden sollte. Mich würde auch interessieren ob es stimmt, dass Angst Resonanz verhindert usw. Da könnte die Philosophie doch viel beitragen, oder? Viele Grüße, Ingo

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    1. Vielen Dank für diesen Kommentar, Ingo! Ich habe mich auf deinen Seiten etwas umgesehen und fand das In-Beziehung-Setzen des Themas "Grenze" (anthropologisch) und Resonanz sehr spannend. Denn Resonanz geht ja nur über diese Grenzen. Was das Thema Angst angeht (verhindert Resonanz Angst oder ist es vielmehr so, dass wir eher Angst haben, wenn es keine Resonanz gibt), kann ich mir auch die Psychologie als Impulsgeber vorstellen, Philosophie allein wäre zu wenig. Wenn ich an Resonanz denke, denn v.a. an Resonanz mit anderen Menschen, weniger mit Dingen, aber ja: Da könnte man wirklich noch schärfer werden. Viele Grüße, Gilbert

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