Wir alle haben sie... nur viel zu selten: Spontane, völlig unerwartete Glücksmomente. Interessant ist, dass sie oft gar kein großartiges äußeres Ambiente benötigen. Meinen letzten sehr großen spontanen Glücksmoment habe ich im Auto erlebt. Ich war ganz alleine und fuhr auf meiner Camping-Tour durch die USA auf einer staubigen Schotterstraße in Arkansas. Es hätte auch ein sehr deprimierender Augenblick sein können, denn es war heiß und trocken, die Landschaft war recht unspektakulär, am Horizont brannten ein paar Felder und weit und breit war keine Menschenseele zu sehen. Ich fuhr so vor mich hin, hatte noch kein definitives Ziel für den Tag, sondern nur die Vorgabe, weiter Richtung Süden zu fahren.
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Staubige Straße in Arkansas: Nicht unbedingt eine Glücksgarantie |
Ohne Vorankündigung war da plötzlich dieses riesige Gefühl in meiner Brust. Es war ein Glücksgefühl, ohne jeden Gegenstand, aber so groß, dass sich meiner Lungen ein Schreien und Jauchzen entrang. Niemand konnte es hören, der Motor dröhnte weiter, die Schottersteine knirschten und ich zog eine riesige Staubfahne einsam hinter mir her. Ich konnte mich kaum beruhigen, Tränen stiegen mir in die Augen und mein Herz pumpte Blut und Adrenalin durch meinen Körper. Es war ein Rausch, der mich plötzlich gepackt hatte. Hinterher war ich regelrecht erschöpft. Diese Erschöpfung dauerte ein paar Tage an. Es war, als seien meine Dopamin-Speicher nach dieser Gefühlswelle ganz leer gewesen.
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Der Autor im Auto allein vor sich hinfahrend |
Ich denke oft an diesen Moment zurück, gerade weil es so ohne jegliche äußere Stimulation passierte. Ich kucke mir auch öfter das Bild dazu an (siehe oben). Ich schoss es in meiner grenzenlosen Freude aus dem Fenster heraus. Im Nachhinein ergibt sich aus dem Bild für mich kein zwingender Grund für die spontane Freude. Inzwischen kenne ich mich besser und weiß schon, welche Bedingungen dort positiv mitwirkten: Als
schizoide Hysteriker, kam mir das Alleinsein sehr entgegen. Die Unabhängigkeit und Freiheit zu tun und zu lassen, was ich will und nicht zu wissen, was der Tag für mich noch bringen würde oder wo ich am Abend angekommen sein würde, all das zusammen trug zu diesem Rausch bei. Was es mich auch lehrt ist, dass unser Glück nicht so stark von äußeren Bedingungen abhängig ist, wie wir oft denken. Innere Zustände, wie das Erleben von Freiheit, von Geborgenheit, von eins sein mit sich und anderen, all das kann viel stärker wirken, als das, was uns durch Medien und Werbung als Freudenbringer verkauft wird. Wenn Sie mich jetzt fragen: Klar würde ich lieber an einem Strand mit Palmen liegen, einen Cocktail in der Hand, als schwitzend in einem alten Auto eine staubige Schotterstraße entlangzufahren und an meiner lauwarmen Flasche Wasser zu nuckeln. Aber mit Glück hat das nichts zu tun.
Was waren Ihre spontanen Glücksmomente? Und welche Erklärungen haben Sie dafür? Lassen Sie es uns in den Kommentaren wissen. Ich bin gespannt!
Schöne Beschreibung! Kenne ich, dieses Gefühl, auch teilweise beim unterwegs-sein, diese Freiheit, der perfekte Moment, aber mir fällt jetzt grad kein klares Beispiel ein. Vielleicht kommt die Erinnerung ja noch...
AntwortenLöschenDas Wort hat so einen wunderbaren Klang. Darf ich ausnahmsweise mal zitieren?
AntwortenLöschenDer unsterbliche Sempé lässt in seinem Band "Für Bücherfreunde" einen Herrn am Schreibtisch sitzend auftreten, der notiert, es könne von Nutzen sein, auf den abgründigen Pfaden seiner philosophischen und metaphysischen Arbeiten gewisse Rastplätze und Ruhepunkte einzurichten indem er täglich jene kleinen und tröstlichen Begebenheiten des Alttags aufnotiere, denen wir nicht immer die entscheidende Bedeutung beimessen würden. Diese Notate zwischen schelmischen Augenzwinkern und brüderlicher Verbundenheit nennt er:
KLEINE GLÜCKSMOMENTE
"Heute morgen ist Martha in ihrem typischen Ungestüm auf sehr heftige und komische Weise mit ihrer Wange gegen die scharfkantige Ecke der offenstehenden Haustür geknallt."
Über die eigenen denke ich noch einmal nach. Aber die kleine Koinzidenz des Titels mit dem Sempé-Stückchen wollte ich auch teilen :-)
LG
UKaiser
Haha, super! Und danke bis hierhin für die Kommentare. Interessant auch das mit den kleinen Glücksmomenten, denen wir wahrlich zu wenig Bedeutung zumessen. Das von mir oben beschriebene spontane Glücksmoment wahr hingegen ein großes, an das ich heute noch - einige Jahre danach - denke. Es muss irgendwo in meinem Hirn ein ganzes Neuronen-Cluster pink gefärbt haben. Ich weiß nicht, ob Martha auch so einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat... naja, wenigstens in der Weltliteratur.
AntwortenLöschenVielleicht ist das "zu wenig Bedeutung beimessen" geradezu die Voraussetzung, für unsere eigenen kleinen Glücksmomente: Ereignisse, Begegenheiten, Dinge einfach in ihrer jeweiligen Gegenwart still hinzunehmen und sie nicht mit Bedeutung zu unterlegen. Sich abends ins Bett zu legen und ohne einen weiteren Gedanken einzuschlafen.
AntwortenLöschenLG
UK
Übrigens verweist ja Sempé in seiner unwiderstehlichen Art mit der Martha-Geschichte auf die Glücksmomente, die jeder hat, die aber für sich behalten werden müssen, wenn man sich nicht unbeliebt machen möchte: Schadenfreude! Und wer kennt das nicht? Ich erinnere mich noch heute mit prickelnder Gänsehaut an die Szene, als mein mehr als ungeliebter Stiefvater bei seinem ersten Versuch, auf Schlittschuhen zu stehen/zu laufen unter wahnwitzigen Armschwingern und Zappeln sich um sein Gleichgewicht mühte - den Kampf aber verlor und sehr krachend auf dem Hinterkopf und dem Allerwertesten landete. Was Sempé also nicht zuletzt durch die wunderbare Zeichnung des so sympathisch daherkommenden Philosophen ins Abgründig-Humorvolle versetzt, hat jeder von uns bestimmt auch schon mitgemacht. Dass es in meinem Fall damals tatsächlich "nur" ein kleiner Glücksmoment blieb, hat damit zu tun, dass der Herr Stiefvater anschließend einige Woche krank geschrieben zu Hause blieb und die anderen diesen Glücksmoment doch von groß auf klein zurechtstutzte.
AntwortenLöschenAber vielleicht sind das dann die "heimlichen kleinen Glücksmomente" ....
LG
UK
Da ist die Erinnerung wieder: besondere Glücksmomente hatte ich - mancher mag darüber lachen - beim Aufräumen. Ja ernsthaft. Die wiederkehrende Erinnerung an angenehmes Vergangenes durch Gegenstände aus der Vergangenheit, kombiniert mit dem erneuten Entdecken oder aber auch dem Wegwerfen einiger dieser Gegenstände, dadurch entstehend dem Loslösen von unangehmen Teilen der Vergangenheit und der Beginn von etwas Neuem. Für mich eine Art der Aufarbeitung der Vergangenheit, sowohl der positiven als auch negativen Dinge. Das waren für mich einige bedeutende Glückserlebnisse, an die ich mich heute noch gerne erinnere, z.b. das durcharbeiten von zig Jahre alten Umzugskartons, bei dem vergessen geglaubte Erinnerungen wieder auftauchen. Oder das komplette aufräumen und umstellen meines damaligen, chaotischen Jugendzimmers (lang ists her). Das glich damals einem ordnen des großen Chaos. Dabei wurde mir bewusst, wie viel Platz und Freiheit ich doch habe und welche Möglichkeiten vor mir und in mir liegen.
AntwortenLöschenManch einer mag da vielleicht Zusammenhänge mit Zen und Feng Shui ziehen, aber davon habe ich ehrlich gesagt kaum Ahnung. Für mich waren dies einfach persönliche Glücksmomente und Momente der Erkenntnis. Durchs Aufräumen.
Das mache ich auch heute noch gerne, aber meist gibt es da nicht viel zu tun, da heute bei mir alles ordentlich ist ;)
Geniales Beispiel! Kann ich nachfühlen. Obwohl ich zusehr "P" bin, um mich am aufräumen zu erfreuen. Lass mich raten, du bist ein INTJ ;)
AntwortenLöschenNein, INFP bzw. ITFS bei meinem Test.
LöschenIn den Big Five hat man festgestellt, dass die Gewissenhaftigkeit bei den meisten Menschen im Lauf des Lebens ansteigt ( http://www.typentest.de/blog/2012/01/wie-sich-die-personlichkeit-im-lauf-des-lebens-verandert/ ), besonders in der Jungend, von daher gar nicht so ungewöhnlich.
"..., gerade weil es so ohne jegliche äußere Stimulation passierte."
AntwortenLöschenIch glaube, es ist genau das, eben WEIL es ohne äußere Stimulation passiert, d.h. du warst in dem Moment, in dem Augenblick wohl ganz bei dir, und ich meine, es ist ziemlich egal, was man in dem Moment tut, wenn man ganz dabei ist. Geist und Gegenwart ist quasi eins :) Und das ist: ein Glücksmoment!
Und ganz ehrlich, wann sind der eigene Geist und der gegenwätige Moment schon ganz bewusst eins?
Ein schönes Beispiel für einen spontanen "Glücksausbruch" :)
AntwortenLöschenIch habe am Freitag einen Beitrag über 5 Augenblicke des Glücks bei mir im Blog gepostet. Ich verlinke mal darauf, da sind direkt fünf Geschichten von mir zum Thema als Antwort auf die Frage „Was waren Ihre spontanen Glücksmomente?“:
http://www.entwicklungscamp.de/augenblicke-des-glucks
Und welche Erklärungen ich hierfür habe?
Wirklich glücklich machen mich die kleinen, feinen Momente im Leben. Oft denke ich, ich brauch jetzt XYZ, um glücklich und zufrieden zu sein. Aber das ist Unsinn. Wenn ich nach Hause komme und meine Tochter lacht mich an, dann bin ich glücklich. Ich denke, glücklich macht mich das, was mir im Leben wichtig ist: Familie, Liebe, Erfahrungen auf Reisen - davon zehre ich dann auch lange.
Ich für mich habe erfahren, dass richtiges Ausgelassensein (zu spüren nocheinmal Kind zu sein )mich sehr glücklich gemacht hat. Warum? Weil ich in dem Moment loslassen konnte und spürte, was richtig ist. Ein verrückter Tanz vor der Gloriette und über uns das herbstliche Wien, war ein richtiges Vergnügen. Wenn man noch dazu mit seinen Lieben unterwegs ist, kann einem nichts mehr anhaben. Es war ein schöner Moment, den ich auch in meinem Urlaub hatte. Ich hörte tolle Musik und fing zu tanzen an und plötzlich tanzten andere fremde Menschen mit mir. Es war nicht nur der Spass an der Sache sondern: das LOSLASSEN! Das machte mich sehr glücklich.
AntwortenLöschenDenk einfach, die Bäume grüßen dich. Und das Gras, und der Himmel und und und.....
AntwortenLöschenDas letzt Glücksmoment hatte ich, als ich mir eingestand, ich bin ja doch kein Verlierer, sondern ein Gewinner. Im Leben.
AntwortenLöschenWenn man die einfachen schönen Dinge des Lebens "wahrnimmt" egal wo du bist und dir zugestehst, das es dich berührt und glücklich macht, dann bist du immer Gewinner.
LöschenBeim Schwimmen im Meer vor ein paar Tagen. Frueh morgens, weit draussen. Kaum Gerauesche vom Strand dringen soweit raus. Ich hoere nur das Plaetschern der Wellen, die eigene Atmung, die Moewen... das Licht ist noch weich, die Sonne scheint und die Hand hinterlaesst beim Eintauchen ins Wasser eine Spur von kleinen Luftblaeschen die in der Sonne glitzern. Ich fuehle mich schwerelos. Dann taucht unter mir ein unendlich grosser Schwarm winziger Fische auf. Sie glitzern silbern und ziehen minutenlang unter mir vorbei. Ich stoppe und geniesse das Schauspiel und bedaure nur, dass ich hin und wieder Luft holen muss.
AntwortenLöschenWow, wie stark ist das denn!? Ich kriege schon beim Lesen eine Gänsehaut. Ich bin auch so ein schwereloser Schwimm- und Tauchmensch. Auch hier denke ich mir, ist neben der Ästhetik und der grandiosen kraftvollen Natur die Freiheit und Entfernung von der Alltagswelt ein Auslöser. Tolle Geschichte, danke dafür!
LöschenSchon am frühen Morgen den ersten Glücksmoment erleben, wie im Cartoon > http://www.cartoons-comicstrips.de/gluecksmomente.htm da fängt der tag doch direkt schön an.
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