Interview mit Tim von myMONK
Vor einer Weile entdeckte ich die Seite myMONK. Was mir erst mal auffiel, war der wirklich raffinierte Titel, der irgendwie Zen mit dem Internet und der iGeneration zu verbinden scheint. Auch die Optik macht was her: professionell, aber doch irgendwie bunt und auf eine schräge Weise persönlich. Über Twitter und die üblichen Kanäle lernte ich Tim kennen, der hinter myMONK steckt. Ihn und mich verbindet die Überzeugung, dass Selbsterkenntnis der entscheidende Schritt ist zu einem erfüllten Leben. Außerdem scheint er ein gutes Händchen fürs Internet zu haben und das interessiert mich immer. Grund genug, ihn hier in einem Interview mal etwas auszuquetschen.Tim, lass mich mal gleich mit der Tür ins Haus fallen: Du hast BWL studiert. Verlangt das nicht nach einer Rechtfertigung?
Ja, sorry dafür! Nein, im Ernst: ich träumte schon in meiner Jugend von einem eigenen Unternehmen, da war meine Zeit fürs „Business“ aber irgendwie noch nicht gekommen. Und ich dachte mir, das BWL-Studium kann auf jeden Fall nicht schaden. Also saß ich da in den Prüfungen (Vorlesungen habe ich fast nie besucht) an der LMU München neben jungen Menschen, die gern Aktenkoffer und Sakkos mit sich herumtragen. Ist ja nicht unbedingt schlimm, war aber so gar nicht meine Welt. Gleichzeitig waren diejenigen, die mich mit ihrem dickem Gepose doch manchmal sehr genervt haben, ein guter Ansporn für mich, mich im Studium anzustrengen. Das hat mir zwar inhaltlich nicht viel gebracht, später aber ein paar Türen geöffnet...
Auf jeden Fall hast du nach dem Studium einen fetten Job gekriegt. Was ist dann passiert?
Naja, ein fetter Job war das nicht unbedingt. Ich wusste schon von vornherein, dass die großen Unternehmensberatungen, in denen man 70, 80 Stunden in der Woche arbeitet und ständig in Hotels übernachtet, nichts für mich sind. Also suchte ich mir etwas, das mir mehr entgegenkam. Ebenfalls als Unternehmensberater, dafür aber in einer kleineren Firma, die als eBusiness-Beratung zu BURDA gehört. Ich musste nicht einmal mehr reisen!
Das Unternehmen war super, die Kollegen waren es auch, über das Gehalt konnte ich ebenfalls nicht klagen, und auch die Arbeitszeiten hielten sich – verglichen mit den oben erwähnten 70, 80 Wochenstunden echt stark in Grenzen. Trotzdem haben mir zwei Dinge schmerzhaft gefehlt: Die Freiheit über meine Tagesgestaltung und das Gefühl, selbst etwas aufzubauen, das für lange Zeit Wert schaffen kann. Als Berater kommt man ja meist nur für einige Wochen bis Monate irgendwo unter, macht dann irgendwas, geht dann wieder und stürzt sich ins nächste Projekt, ist aber letztlich keinen Millimeter weitergekommen, was den Punkt "ich baue etwas Werthaltiges auf" anbelangt.
Dann gab es die Chance für mich, einzusteigen bei einem kleinen Internetunternehmen, an dem ich vorher im Studentenjob und auch danach neben meinem Job mitgewirkt habe. Das Vertrauen von Jens, meinem Geschäftspartner, in mich hat mir den Arsch gerettet und mir erlaubt, den Job aufzugeben und endlich in Vollzeit das zu tun, was ich mir schon so viele Jahre ersehnte: das eigene Unternehmen mit aufzubauen. Ich glaube aber auch, dass man sich ein solches Vertrauen erarbeiten muss, und ich denke, dass ich das im Vorfeld getan habe.
Noch mal zu dir ganz persönlich: Was würdest du sagen, ist dein größter Fehler oder deine größte Schwäche?
In Ratgebern zu Vorstellungsgesprächen heißt es ja immer, dass man eine solche Frage mit etwas beantworten sollte, das in Wirklichkeit eine Stärke ist. Zum Beispiel "hach, ich bin manchmal viel zu zielstrebig und zu ungeduldig". Ich würde übrigens davon abraten, weil die Personaler auch nicht ganz doof sind. Zu meinen Schwächen zähle ich aber tatsächlich die Ungeduld – allerdings die mit mir selbst und weniger die mit äußeren Umständen, da kann ich schon beharrlich sein.
Danke übrigens für die Blumen... als hauptberuflicher Personaler schätze ich es sehr, für nicht ganz doof gehalten zu werden (lachen). Und deine größte Stärke?
Will Smith hat mal in einem Interview gesagt, wenn er mit jemandem in ein Laufrad steigen würde, und der gewinnt, der am längsten durchhält, dann gäbe es zwei mögliche Ergebnisse: entweder er geht als letzter raus oder er stirbt. Ich würde sagen, dass es auf jeden Fall Zeiten gibt, in denen ich neben Will Smith im Laufrad sterben würde (er ist sportlicher).
Also meinst du, deine größte Stärke ist Beharrlichkeit und letztendlich Durchsetzungsvermögen?
Beharrlichkeit ja, Durchsetzungsvermögen vor allem gegenüber meiner Faulheit und meinen Zweifeln – wenn auch nicht immer.
Wenn du dich im Alltag und unter deinen Mitmenschen umsiehst... Was sind die Dinge, die dich wirklich aufregen?
Ich mag es nicht, wenn Menschen ihre Unzufriedenheit mit sich selbst und dem eigenen Leben an anderen auslassen. Aber ich arbeite daran, das wird aber noch dauern, bis ich etwa im unfreundlichen Verkäufer nie etwas anderes sehe als ein Geschenk, eine Chance, an mir selbst zu arbeiten.
Das wäre echt zen! Du hast mir gesagt, dass du unbedingt dein eigenes Business hochziehen wolltest und außerdem, dass du vom Internet lebst. Du bist mein Held! Wie lebt man heute als Selbstständiger vom Internet?
Es gibt sicherlich Leute, die den ganzen Tag Golf spielen oder am Strand herumliegen, während das so oft beschworene "passive Einkommen" ihr Konto täglich füttert, ohne dass sie dafür etwas tun müssten. Das ist nicht meins. Davon abgesehen, dass ich ohnehin einen echten Lebensinhalt brauche, damit es mir gut geht, muss ich viel dafür tun, um frei leben zu können.
Frei heißt dabei für mich nicht, wenig tun zu müssen, sondern das tun zu können, was mir Freude macht, was ich sinnvoll finde – und dass ich es tun kann, wann, wo und meistens auch wie ich es will.
Wir, also Jens und ich, sind eben erst am Anfang. Da gibt es tausende größerer Fische. Da Geld für mich aber sehr viel weniger bedeutet als die Zeit, die ich habe und nutzen kann, wie ich möchte, ist das für mich völlig in Ordnung. Das Wichtigste ist aus meiner Sicht, auf dem richtigen Weg zu sein und nicht unbedingt, wie weit man schon gekommen ist. Wir können daher auch das Wichtigste schon heute erreichen: den ersten Schritt zu gehen.
Ich merke schon, du hältst dich hier bedeckt und weichst ganz geschickt der Frage aus. Du musst ja keine Geschäftsgeheimnisse verraten, aber sage mir doch, was deiner Meinung nach das wichtigste ist, um letztlich vom Netz leben zu können. Sind es Sales, Ads, Auftragstexte oder was?
Vermutlich kann man von allen von Dir genannten Dingen leben. Auftragsarbeiten finde ich persönlich nicht so spannend, weil man dann in der Regel immer wieder neu ran und bei 0 anfangen muss, so wie bei einem Job auch.
Bei Verkäufen und Werbeerträgen ist das anders. Hier kann man einmal ein Produkt erstellen und anschließend vermarkten oder eben einmal eine Plattform erschaffen, die sowohl für Leser als auch für Werbekunden bedeutsam ist. Das ist zwar auch Arbeit, aber eben eine asynchrone, die sich Stück für Stück summieren kann.
Wichtig ist aus meiner Sicht, dass man sich weder zu breit, noch zu dünn aufstellt. Von einer einzigen Einkommensquelle wie Google Adsense oder einer einzigen Website, das ist weniger empfehlenswert. Den Ansatz, den viele SEO-Menschen verfolgen, nämlich dreihundert gehaltlose Webseiten gleichzeitig aus dem Boden zu stampfen, finde ich auf der anderen Seite auch nicht sehr nachhaltig und erstrebenswert.
Letztlich hängt es vor allem von den eigenen Bedürfnissen und Fähigkeiten ab, ob Dienstleistungen, Werbeverkäufe oder die eigenen Produkte am besten geeignet sind. Ich bin da aber, wie gesagt, nicht mal annähernd ein "Guru" - und auch deswegen mit meinen Antworten zurückhaltend, weil ich Dir und den Lesern die Frage momentan noch nicht so gut beantworten kann, wie ich es mir wünschen würde.
Deine Seite myMONK widmet sich Themen wie Stress und Entspannung, Yoga, Meditation und Selbstverwirklichung. Im Moment sind solche Themen ziemlich in Mode. Was glaubst du, sind die Gründe dafür?
Die Themen sind aus meiner Sicht viel mehr "Not" als "Mode". Wir sehnen uns danach, uns selbst und unser Leben gestalten zu können, wenn schon alles ringsherum hektisch, chaotisch und beängstigend ist. Die Wenigsten kommen aus Mode-Gründen zu Yoga und Meditation, auch wenn das häufig suggeriert wird, die Lifestyle-Mutti mit Lifestyle-Joghurt im Lifestyle-Yogakurs. Nein, es sind viel mehr die Schmerzen, die uns dazu treiben, uns selbst finden und mehr verwirklichen zu wollen.
Hast du für myMONK eine Art Mission Statement? Fass doch mal in einem Satz zusammen, was du mit myMonk eigentlich willst.
Okay, ich versuch’s mal : myMONK hilft Menschen, sich selbst, innere Ruhe und ihren eigenen Weg zu finden – und den Mut aufzubringen, diesen Weg auch zu gehen.
Wie konkret kann denn myMONK anderen helfen, zu sich selbst, zur inneren Ruhe und dem eigenen Weg zu finden? Zur Vision gehört ja immer auch Taktik.
myMONK ist noch ein Baby, das erst seit Mitte März 2012 online ist und noch viel Fürsorge braucht und wachsen muss, bis es anderen so gut und so konkret helfen kann, wie ich mir das gerade so vorstelle.
Manche Besucher der Seite werden etwas für sich mitnehmen können und wiederkommen, andere nicht. Was das ist, dass man mitnehmen kann, das muss jeder Besucher für sich selbst herausfinden.
Wenn jemand das Gefühl hat, dass er sich eigentlich ein ganz anderes inneres und äußeres Leben wünschst, dann ist er damit nicht allein. Es gibt unzählige Andere, denen es genauso geht. Und ebenso viele, die es bereits geschafft haben, und von denen man etwas lernen kann.
Wenn du in die Zukunft blickst, wo ist Tim in 20 Jahren und was macht er da?
Ich habe für mich gelernt, dass Taten besser sind als Verkündungen. Aber ich möchte gern sagen, was ich mir wünsche: in 20 Jahren in einer Welt zu sein, in der viel mehr Menschen genau das tun, was ihr Herz ihnen sagt.
Das ist ein schöner utopisch anmutender Wunsch, dem ich mich nur anschließen kann! Ich wünsche uns allen viel Erfolg auf dem Weg dahin, dir in der Zwischenzeit mit myMONK und ich bedanke mich bei dir für deine Gedanken!
Übrigens hat Tim auf myMONK auch gleich ein Interview mit mir veröffentlicht.
Interessantes Gespräch! Freut mich zu sehen, dass Selbstfindung und Entspannung anscheinend doch nicht nur Themen für ältere Generationen sind. ;)
AntwortenLöschen@kamelundkranich, ich glaube (und fürchte), dass das immer mehr Thema junger und mittelalter Menschen ist, die leider zu früh ausbrennen und sich dann - glücklicherweise - umbesinnen. Viele der "Minimalisten" hier im Internet sind in ihren 20ern und 30ern, und viele haben leider schon ein Burnout hinter sich.
AntwortenLöschen@Gilbert und @Tim: Schön, ein bisschen mehr vom geheimnisvollen MyMonk zu erfahren, dessen Namen ich lange nicht mal kannte, obwohl wer mich regelmäßig so nett in Twittergespräche verwickelte :) Weiter so, ihr beiden! Danke für eure Arbeit!