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28. Mai 2012

Rollen, wie der Stein rollt. Warum überhaupt arbeiten?

Frisch aus dem Urlaub zurück, treibt mich die Frage um: Warum überhaupt diese ganze Arbeit? Ist es wirklich nötig, dass wir täglich acht Stunden und mehr in einem Büro sitzen oder an einer Werkbank stehen? Und wenn nein, warum machen wir es trotzdem und was könnten wir statt dessen machen?

Projekt am Sonntag: Brot backen

Warum befriedigt es so ungemein, ein Brot zu backen oder ein paar Kräuter auf dem Balkon anzupflanzen? Und warum ist es im Gegenzug so unbefriedigend und frustrierend, im Projekt Zertifizierung 2013 für - sagen wir - die IT-Sicherheit verantwortlich zu sein? Diese Fragen führen in den Kern unserer Unzufriedenheit oder auch unserer Obsession mit der Arbeit. Wir beantworten sie später.

Zu erst einmal die Frage, warum wir Arbeit überhaupt so wichtig nehmen
Offenbar ist es in unserer Gesellschaft unbezweifelbar, dass Arbeit gut und notwendig ist. Die einen haben Arbeit und geben Leib (Bandscheibenvorfall) und Leben (Überstunden und Burnout) dafür und die anderen sind arbeitslos und dabei unglücklich, weil sie angeblich nicht von der Gesellschaft gebraucht werden. Wir scheinen unsere Arbeit und das, was daran gekoppelt ist, so sehr zu lieben, dass wir alles für sie geben und unglücklich sind, wenn wir sie nicht haben.

Dabei hat Arbeit in unserer christlichen Kultur einen sehr problematischen Entstehungsmythos: Weil wir Gott betrogen haben, hat er uns dazu verdonnert, das Brot im Schweiße unseres Angesichts zu verdienen. Der Mann schuftet und die Frau gebiert unter Schmerzen die Kinder (gebären und arbeiten kommen im Lateinischen aus derselben Sprachwurzel "labor", also Mühe oder Anstrengung, was man heute noch im Englischen sieht, wo labour noch für arbeiten und gebären steht). So war das verteilt. Das ist ja erst einmal nicht sehr motivierend. Und dementsprechend war Arbeit lange Zeit etwas fürs niedere Volk oder sogar den Sklaven vorbehalten, während die von Gottes Gnaden sich dem Müßiggang hingeben konnten. Dann aber kamen Calvin und Luther und machten die Arbeit zu einer Art Gottesdienst. Gott habe einen jeden über verliehene Talente zu bestimmten Arbeiten berufen. Wer seinen Beruf gut ausübt, wird auch materiell erfolgreich. Arbeit wird also plötzlich zu einem Ausweis von Anständigkeit, die sich im Erfolg und letztlich im Reichtum zeigt. Vorher war Reichtum Gott gegeben oder wenigstens vererbt, jetzt konnte plötzlich jeder reich werden. Und der protestantische Gott findet Gefallen an dem, der materielle Erfolge durch harte Arbeit erzielt. Jetzt brauchen wir nur noch "Gott" abziehen und durch "Gesellschaft" ersetzen und wir sehen, wo wir heute stehen.

Wir oder "die Gesellschaft" meinen, Arbeit sei ein hohes Gut und der Verlust von Arbeit eine Katastrophe. Ganz im Gegensatz zum Paradies, das wir uns als einen unendlichen Sommerurlaub vorstellen,  wo die Freiheit von Arbeit das wichtigste Merkmal ist, dicht gefolgt von Palmen und leiblichen Genüssen aller Art. Der protestantische Kapitalismus hat es auf unheimlich erfolgreiche Weise geschafft, diese christliche Leistungsethik in eine säkulare, gesamtgesellschaftliche Leistungsethik zu überführen, die gar nicht mehr hinterfragt wird. Im Gegenteil: Durch den zunehmenden Drang, uns in der Arbeit selbst zu verwirklichen, werden Lebenssinn und Arbeit noch fester aneinander gekoppelt. Was früher leidvolle Notwendigkeit war, ist nun der eigene Lebensentwurf als Karriere. Freiwillig leben wir, um zu arbeiten anstatt zu arbeiten, um zu leben.
Alle Menschen zerfallen, wie zu allen Zeiten so auch jetzt noch, in Sclaven und Freie; denn wer von seinem Tage nicht zwei Drittel für sich hat, ist ein Sclave, er sei übrigens wer er wolle: Staatsmann, Kaufmann, Beamter, Gelehrter. 
Die meiste Arbeit ist unnötig
Wir gehen arbeiten, weil man das eben macht. Nietzsche sagt dazu, wir "rollen, wie der Stein rollt, gemäss der Dummheit der Mechanik." Warum und ob das überhaupt nötig ist, wird nicht untersucht. Interessanterweise sehen sich viele von uns inzwischen eher als Künstler denn als Lohnarbeiter. Das liegt am "Projektcharakter" unserer Arbeit. Es steht in Projekten nicht mehr fest, wie ein erfolgreiches Ergebnis genau auszusehen hat. Sogar das oben erwähnte Projekt Zertifizierung 2013 mit der Komponente IT-Sicherheit lässt eine Menge Spielraum. Nur eins ist klar: Am Ende soll die Zertifizierung stehen und zwar bis zu einem bestimmten Zeitpunkt. Wie wir aber das Projekt steuern und wie die Richtlinien genau erfüllt werden, damit die Zertifizierung erteilt wird, steht und fällt mit unserem Eifer, unserer Kreativität und, wenn wir Glück haben, mit unseren handwerklichen Fertigkeiten.

Warum aber die Zertifizierung überhaupt nötig ist, ist zweitrangig und wird von den Projektteilnehmern kaum hinterfragt. Am Ende, damit der Betrieb weiter fortgesetzt werden kann, mehr Produkte abgesetzt werden können, damit unten mehr rauskommt. Die Motivation muss aber letztlich aus uns selbst kommen. Oder motiviert uns das, was erwirtschaftet wird? Eine Versicherung, einen Fernseher, ein Reiseangebot? Das ist ja erst einmal nicht schlecht, denn viele wollen oder brauchen eine Versicherung, ein Fernseher und ein Reiseangebot. Wenn wir daran arbeiten, können wir versuchen, eine ganz besonders faire Versicherung, einen ganz tollen Fernseher und ein ganz aufregendes und preislich interessantes Reiseangebot zu erwirtschaften. Aber - Hand aufs Herz - ist es wirklich notwendig neben all dem Überangebot noch eine Versicherung, noch einen Fernseher und noch eine Reise anzubieten? Ist es so notwendig wie Ackerbau, ärztliche Behandlung oder die Feuerwehr? Nur wenige von uns arbeiten in Berufen, die so basal notwendig sind, dass die Motivation schon daraus erwachsen kann. Und auch hier - denken wir an Ärzte - wird es immer schwieriger zu rechtfertigen, was genau getan wird. Im Notfall einen Luftröhrenschnitt zu setzen ist etwas anderes, als Botox in die Stirn zu spritzen oder ein Medikament zu verschreiben, das man auf dem letzten gesponserten Ausflug mit der Pharma-Vertreterin kennen gelernt hat.

Marktwirtschaftlich gedacht, wollen wir mit unserer Arbeit Produkte und Services so für den Markt bereitstellen, dass sie dann und dort Absatz finden, wo und wenn sie gebraucht werden. Das hieße aber, dass wir uns um den Absatz keine Sorgen machen müssten, denn unsere Erzeugnisse würden sich über die Nachfrage von allein verkaufen. Wäre das so, dann kämen wir wohl mit einem Bruchteil an Arbeit aus. Für mich ergibt sich dann ein enormer Motivationskiller, wenn ich weiß, dass meine Arbeit vor allem dazu dient, Bedarf zu wecken, wo keiner ist und die Maschine weiter anzuheizen, damit sie immer schneller und schneller läuft.

Lebenssinn durch Arbeit?
Über den Drang des ökonomischen Immer-Mehr (dieses gegen alle Logik unendliche Wachstum*) wird uns vermittelt, dass unsere immer effizientere Arbeit notwendig ist. Trotz des allgegenwärtigen Überflusses - der auch unsere Arbeit überflüssig macht - verlangt das ewige Wachstum von uns, nicht nachzulassen, sondern immer mehr zu arbeiten. Der andere und direkt an die Eigenmotivation gekoppelte Aspekt ist die bereits erwähnte moderne Freiheit, sein eigenes Glück zu schmieden. Wer will vor sich und den Seinen eingestehen, dass er es trotz aller Möglichkeiten nicht zum erwartbaren gesellschaftlich-materiellen Erfolg gebracht hat? Die Falle ist hier, dass die zu erklimmende Leiter kein Ende hat. Es gibt immer noch jemanden, mit dem wir uns vergleichen können und der mehr erreicht hat - reicher geworden ist.

Das Geld motiviert bis zu einem gewissen Punkt und dann der Wille zur Karriere. In manchen von uns wohnt auch eine Art Rest-Idealismus, zum Beispiel den Kunden und Kollegen gegenüber oder dem Ding an sich gegenüber, ausgedrückt in Selbstanspruch und Qualität der Arbeit. An manchen Komponenten der Arbeit mögen wir auch Spaß haben. Am Umgang mit Kindern oder dem Bearbeiten von Material. Aber das ist eben keine Frage von Arbeit. Umgang mit Menschen und die Freude am Erschaffen von Dingen oder Ideen findet auch in Hobbys statt, in der Freizeit, im Sport Club oder in der Familie.

Wir haben uns aber daran gewöhnt, dass solche sinnvollen Interaktionen auf der Arbeit stattfinden. Sogar so sehr, dass wir davon ausgehen, arbeitslose Menschen müssten zwangsläufig vereinsamen. Zum Teil ist es auch so, dass solche Erfüllung außerhalb der Arbeit an Bezahlung geknüpft ist, die sich der, der nicht arbeitet gar nicht leisten kann. Zum anderen ist es die anhaltende Indoktrination, dass nur die Arbeit dem Leben einen Sinn verleihe. Es gibt aber überall Hoffnungsschimmer. Vor allem unter uns Individuen zeigt sich eine zunehmende Zerknirschung hinsichtlich eines nur auf Karriere ausgerichteten Arbeitslebens. Boheme und Aussteiger gab es schon immer, aber es muss auch etwas Struktur dazu kommen, damit das gesellschaftlich relevant wird. Der Bundesfreiwilligendienst könnte sich in solch eine Struktur umformen, auch das bedingungslose Grundeinkommen wird früher oder später kommen und hier ganz erhebliche Verschiebungen ermöglichen. Beispielsweise könnten wir ein paar Stunden weniger arbeiten und dafür mehr in die Natur, mit den Kindern machen oder auf unsere Gesundheit achten. Wir müssen die gesellschaftlich notwendigen und wünschenswerten "Arbeiten" wie Großeltern pflegen, mit Kindern spielen oder Umwelt und Tiere schützen nicht nur begrüßen, sondern strukturell - und das heißt nicht nur über Geld, sondern auch durch gesellschaftliche Normen - fördern. Am allerwichtigsten finde ich dabei, dass wir die "alternativlosen" (sprich: veralteten) Gegebenheiten unserer Gesellschaft kontinuierlich bezweifeln und diskutieren. Diese Gegebenheiten sind nicht einfach blinde Prozesse, sondern haben durchaus ihre Interessengruppen (dieselben, die das Märchen vom unendlichen Wachstum erzählen), gegen die wir uns vor allem durchs anders machen durchsetzen müssen. Wir müssen Fakten schaffen und dadurch Normen ändern.

Ach ja! Was hat es mit dem Brot auf sich? Warum ist backen so befriedigend?
Am Anfang ist da ein Pfütze Wasser und ein bisschen Mehl. Aus diesem Nichts erschaffe ich ein fertiges Produkt in seiner wohlduftenden und gerundeten Vollständigkeit. Nicht nur, dass ich das Arbeitsergebnis innerhalb eines überschaubaren Zeitraums in den Händen halten kann (vergleiche Projekt Zertifizierung 2013), es ist auch ein Produkt, das dem ganz fundamentalen Erfordernis der Nahrungsbeschaffung unmittelbar zugeordnet werden kann. Wenn es fertig ist, stehen wir alle drum herum und sagen, wie schön es ist und wie gut es duftet. Fass mal an, es ist noch ganz warm!



*Volker Pispers hat das mal am Beispiel VW klar gemacht: "Um den Produktionsstandort Deutschland halten zu können, sagt VW, dass sie jedes Jahr 7% Produktivitätszuwachs benötigen. Dies ist völlig utopisch und nicht machbar. Man kann jedes Jahr dieselbe Menge Autos mit jeweils 7% weniger Mitarbeitern herstellen. – Wie oft kann man 7% der Belegschaft entlassen bis man keine mehr hat? – Funktioniert also schon mal nicht. Eine andere Möglichkeit wäre, dieselbe Menge Autos mit voller Belegschaft und jedes Jahr 7% weniger Lohn herzustellen. – Wie oft kann man den Leuten 7% weniger Lohn zahlen bis sie nichts mehr haben bzw. nichts mehr verdienen? – Auch keine gute Idee. Die einzige Möglichkeit wäre also nur, mit derselben Anzahl Mitarbeiter und dem selben Lohn jedes Jahr 7% mehr Autos zu produzieren. – Das ist natürlich machbar aber das Problem dabei ist, wer soll die Autos kaufen? In Europa gibt es mittlerweile 20% mehr Autos als verkauft werden können und allein VW will jedes Jahr 7% Zuwachs an Produktivität. Irgendwann werden die Menschen jeden zweiten Monat ein neues Auto kaufen müssen, um die Arbeit zu erhalten."

12 Kommentare:

  1. Danke für diesen Artikel und ja, so sehe ich das inzwischen auch: wir arbeiten an so vielen unsinnigen Dingen, nur warum?
    Die Antwort wird vielen nicht gefallen: wir sind noch immer Sklaven der Mächtigen. Nur dass wir keine sichtbaren Ketten tragen. Ich nenne sie strukturelle Ketten. Wir verleihen unsere Körper uns Hirne 8 Stunden am Tag. Von dem, was wir verdienen, geht 50% via versteckten Zinsen an alle Menschen, die mehr als 500.000 € auf dem Konto haben. Wer weniger hat, zahl auch drauf. Die Geschichte vom Dämon Kratie macht es irgendwie deutlich, oder: http://faszinationmensch.wordpress.com/2011/06/06/wie-der-schritt-vom-sklaventum-zur-freiheit-den-arbeitseifer-befeuerte-und-dabei-eigentlich-doch-nicht-wirklich-frei-machte/

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  2. Und was die erforderlichen Stunden an Arbeit zur Erfüllung der Grundbedarfe angeht, so gibt es Hinweise in diesem Artikel: http://faszinationmensch.wordpress.com/2010/12/28/der-himmel-auf-erden-anarchie/

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  3. Der Vergleich "Sklave", da muss ich den Herrn Nietzsche und Bartonitz (Faszinationmensch) widersprechen, trägt nicht... Sklaven waren ganz anderen und viel körperlicheren Zwängen ausgesetzt, als wir heute. Sklaven konnten auch keine Piratenpartei gründen oder für ein bedinngungsloses Grundeinkommen kämpfen. Die Gefahr, wenn wir uns als Sklaven sehen, ist, dass wir uns in ein vermeintliches Schicksal ergeben, anstatt unsere fundamentale Freiheit zu nutzen und unser Leben und die Gesellschaft zu ändern.

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    1. Der Vergleich "Sklave" versus "Gründung der Piratenpartei" und "Kampf für bedingungsloses Grundeinkommen" trägt nicht...^^

      Jeder ist per definitionem "Sklave", der der (Zitat Wikipedia) "Sklaverei dient, also dort, wo sie eine Gesellschaftsstruktur bestimmt, meist der wirtschaftlichen Ausbeutung und Aufrechterhaltung einer Klassengesellschaft."

      Wir haben hier in Deutschland eindeutig etablietre Systeme der wirtschaftlichen Ausbeutung und ein System zur Aufrechterhaltung von Klassen.

      Oder (wiederum Wikipedia):

      "Die Sklavengesetze regelten die privat- und strafrechtlichen Gesichtspunkte der Sklavenhaltung und des Sklavenhandels; darüber hinaus bestimmten sie auch, welche Rechte den Sklaven zugestanden wurden. In vielen Sklaven haltenden Gesellschaften behielten Sklaven eine gewisse Rechtsfähigkeit und konnten z. B. die Gerichte anrufen oder Eigentum erwirtschaften, das es ihnen eventuell erlaubte, durch Selbstkauf die Freiheit zu erlangen."

      Sie sehen, die "Freiheit" Parteien zu gründen oder für ein bGE kämpfen zu können, widerspricht nicht den Grundsätzen der Sklaverei^^

      Und die "fundamentale Freiheit" von der Sie fabulieren - wir werden in fundamentalen Angelegneheiten weder befragt noch informiert (ESM? Fiskalpakt etc.). Besonders in diesen Angelegneheiten werden wir wortwörtlich verkauft, werden wir unseres Hab und Gutes beraubt (Verpfändung des privaten Vermögens und Eigentums an denn ESM durch die Staatsverwaltung Deutschlands) und haben keinerlei Eigenverfügbarkeit über unser Schicksal (Beschlüsse unter Ausschluss der Öffentlichkeit, keinerlei Rechtsmöglichkeiten dagegen usw.!)- inwieweit unterscheidet uns dies also vom Sklavenstatus???

      Der Begriff der "Arbeit" selbst bezeichnet Slavenstatus seit der Antike.
      Arbeit ist gottloses Werk, weil von Gott selbst verfügt als Strafe zur Vertreibung aus dem Paradies^^

      Die Verklärung der Arbeit zu einem Statuswert des Individuums ist so dumm wie perfide und spielt einzig und allein den Sklavenhaltern in die Hände:

      Wenn Du glaubst, Du bist nur etwas und soviel wert, wie Du Arbeit hast und leistest, dann hast Du ein viel größeres Problem als die Angst vor der Arbeitslosigkeit, dann hast Du nämlich noch nicht verstanden, dass diese Angst nur dazu dient, Dich zu instrumentalisieren für Interessen, die nicht die Deinen sind.

      Wenn heute zudem mehr Menschen in VERWALTUNGSarbeit beschäftigt sind als in PRODUKTIONSarbeit oder SOZIALarbeit zusammen, dann ist allein dieses Mißverhältnis Ausdruck eines pervertierten Arbeitsbegriffes!

      Oder anders: Bürokratie ist die Verwaltung der Arbeit anderer, die man selbst zu leisten nicht imstande oder gewillt ist!
      Trotzdem bekommt ein Verwaltungsangestellter im Schnitt immer mehr Verdienst als der Arbeiter. Verdienst? Inwiefern macht sich jemand verdient, der sein Geld damit verdient, die produktive, soziale Mehrwerterwirtschaftung anderer zu verwalten???

      Verwaltung ist per defintionem nichts anderes als eine (wikipedia) "das zeitnahe, aufgabenbezogene Erfassen, Betreuen, Leiten, Lenken und das Verantworten dynamischer Systeme nach stabilen Vorschriften"!

      Oder einfacher: Slavenaufsicht.
      Die Verwaltung stellt die Ausbeutungseffizienz sicher und sorgt dafür, dass der Sklave die Regeln der Sklavenarbeit einhält, um so seine Wirtschaftlichkeit für andere nicht zu gefährden.

      Wer dieses System schön zu reden versucht, der hat es entweder nicht verstanden oder er gehört selbst dazu...

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    2. Keiner will hier was schön reden (ich schlage vor, erst mal den Artikel oben zu lesen) und ich will auch nicht fabulieren, sondern eine Meinung vertreten. Also bitte etwas Respekt untereinander, gerade dann, wenn wir eigentlich versuchen in dieselbe Richtung zu stoßen.

      Aber bei allem Respekt: Einen Galeeren-Sklaven im 16. Jh oder einen Sklaven auf den amerikanischen Baumwollfeldern des 19 JH. mit einem heute in Deutschland arbeitenden Menschen gleichzusetzen ist ein Hohn. Das festzustellen, ist noch kein Schönreden der heutigen Verhältnisse. Bzgl. der fundamentalen Freiheit: Die haben alle, egal in welchem geschichtlichen Abschnitt geboren. Nur für einen Sklaven hatte das realisieren dieser Freiheit andere Konsequenzen, z.B. den Tod auf der Flucht. Heute ist die Konsequenz vielleicht der Verlust eines ohnehin blöden Jobs.

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    3. 1. Ich habe den Artikel gelesen. Mein Kommentar bezog sich zuallererst auf Ihren Kommentar vom 1.Juni.

      2. "fabulieren" weist auf den eher phantasievollen Charakter Ihrer Meinung zum Thema hin, ist also nicht despektierlich, sondern kritisch hinsichtlich der meinungsbildenden Vorstellung vom Begriff "Arbeit" schlechthin gemeint gewesen.

      3. Die Tatsache, dass ich heutzutage nicht mehr körperlich durch Peitschenhiebe auf einer Galeere gezüchtigt werde ändert überhaupt nichts an der prinzipiellen Situation heute: "gezüchtigt" werden Xie halt nicht durch die neunschwänzige Katze, sondern durch Abmahnungen, Kündigungsdrohung, Geldknechtschaft gegenüber dem Staat und den Banken etc.
      Von fundamentaler Freiheit keine Spur - Sie unterliegen so vielen restriktiven Bedingungen, dass "fundamentale Freiheit" zu einer Chimäre degradiert wird.

      Und zum Thema Sklavenarbeit empfiehlt sich dringend ein deutlich kritischerer Blick auf die Realität - z.B. hier:
      http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/guenter-wallraff-erhebt-schwere-vorwuerfe-gegen-paketzusteller-gls-a-836130.html

      Freiheit ist Selbstbestimmungsrecht.
      Was können Sie hier schon großartig selbst bestimmen, hm?
      Wirklich ALLES ist reglementiert und wird bei Nichtbeachtung (selbst bei Unkenntnis des Reglements) justiziabel ("Unkenntnis schützt vor Strafe nicht!"-Hallo???).
      [Bei der BW gab es zu meiner Zeit sogar ein Regelement für das Abtritt (WC)-Verhalten, z.B. wieviel Blatt Papier pro Abwischvorgang zu verwenden seien^^]

      Die einzige fundamentale Freiheit, die Sie hier genießen ist zu akzeptieren, daß wie es sich verhält oder es für sich abzulehnen - toll.

      Ich habe den Galeerensklaven in seinem physisch härteren Existenzbedingungen nicht gleichgesetzt mit dem modernen Paketzusteller - das ändert aber radikal gar nichts daran, dass beide Sklavenstatus haben!

      Ihre Argumentation läuft darauf hinaus, dass der goldene Käfig dem rostigen Eisenverschlag immer noch vorzuziehen sei.
      Dann fragen Sie doch mal die Nachtigall, was Sie davon hält^^

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    4. Gut, dann akzeptiere ich mal - der Diskussion zuliebe - Ihre Gleichsetzung unserer Existenz mit der von Sklaven. Was ergibt sich daraus? Angenommen wir habe rein gar keine "echte" Freiheit, wie Sie sagen. Was machen wir nun?

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    5. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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    6. Wenn sich jemand, sagen wir mal (wie in dem Film http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Truman_Show) in einer vermeintlich "freien" Welt befindet, in der er ja alles haben und machen kann, von dem er glaubt, dass es sein freier Wille und freie Optionen ihm ermöglichen, dann besteht der erste Schritt darin, einen "Scheinwerfer" vom "Himmel" fallen zu lassen (= nicht zu ignorierender deutlicher Bruch mit den angenommenen "Realitäts"bedingungen).

      Dann sollte man heraus finden versuchen, ob die "Sklaven" überhaupt ihre Welt verlassen wollen (Matrix-Pillenwahl^^ http://www.youtube.com/watch?v=OuJ87X9YX3c).

      Sollten sich "Sklaven" für die reale Realität entscheiden, müssen sie zuerst umfassend über die wahren Zusammenhänge und Hintergründe informiert werden.
      Und die Alternativoption "echte Freiheit" sollte auch einige verheißungsvolle Aspekte haben, sonst wird das nix im Wettbewerb gegen die falsche Freiheit (da liegt das größte Problem meiner Meinung nach^^)

      Dann muß man ihnen Konzepte, Instrument und Raum geben, sich mit der wahren Freiheit erst einmal zurecht zu finden, Möglichkeiten auszuloten und Verfahrensweisen zu üben sonst wird das wohl wieder nix^^

      Gleichzeitig muss man an der Diskreditierung des herrschenden Systems dran bleiben, Rückfälle sind sonst nicht ausgeschlossen bei den ehemaligen "Sklaven".

      Achja, man muss sich auch der diesem Vorhaben widerstrebenden "reaktionären" Kräfte des herrschenden Systems erwehren können und Vorkehrungen treffen für die Aktionen der Anti-Spartakiaten (auch kein geringes Unterfangen^^)

      Und wenn man´s bis hierher geschafft hat, dann hofft man auf die Kraft des leuchtenden Beispiels, indem man all dies dokumentiert und kommuniziert, auf dass auch anderen der "Scheinwerfer" auf den Kopf fällt^^

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    7. Das sind gute Bilder und Gleichnisse, habe ich genossen. Mir fehlt jetzt noch ein wenig die Übersetzung ins konkret Machbare. Irgend welche Vorschläge?

      PS: Ich sehe diesen Blog (auch wenn Sie widersprechen) in der Funktion eines Lampensuchers und - wo möglich - Aufklärers. Das Konkrete ist schwer.

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    8. Nun, es gibt ein Konzept, das ich im letzten Jahr gefunden habe, was dem Freiheitsgedanken sehr nahe kommt. Es wird Anarchie genannt. Heute nennen die falsch informierten Journalisten im gleichen Atemzug Chaos und Gewalt, und verwechsel das mit Anomie.
      Eine andere Alternative nennt sich Ressourcen-basierte Wirtschaft. Das ist eine Ökonomie ohne Geld und auch mit Menschen, die ihr Schicksal in der eigenen Hand halten und sich nicht "vertrauensvoll" in die Hände von Stellvertretern geben ...

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  4. sehr schöner Beitrag. Die Glorifizierung des materiellen Wohlstands und die damit verbundene Aufwertung der Arbeit ist ein Trugschluss und führt am Ende zu den vielfältigen Auswüchsen, die wir heute kennen (Krankheit, Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich, ...). Dabei geht es mir gar nicht darum Arbeit zu verteufeln, aber wir sollten dahin kommen, das die Menschen das tun, was Ihnen Befriedigung gibt - und die kommt eben nicht aus maximalen Besitztümern sondern aus Anerkennung, Beziehungen, Kommunikation und dem Erschaffen sinnvoller Dinge

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