Pädagogisch-humanistische Ratgeber entstanden überhaupt erst ab dem 18. Jahrhundert - für Mütter. Väter kamen nicht vor und selbst Rousseau, der pädagogisch orientierte Vorbereiter der Aufklärung, gab alle seine 5 Kinder ins Findelhaus. An theoretischer Fundierung fehlt es laut Mennicke jedoch bis heute. Praktisch keine Familienbildungsstätte hat ein pädagogisch überzeugendes theoretisches Konzept auf der Höhe der Zeit.
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Interessanterweise haben Studien gezeigt, dass die reduzierte Berufstätigkeit der Frau einen negativen Effekt auf die Zufriedenheit des Mannes in seiner Vaterrolle hat. Diese recht vielschichtigen Muster haben Auswirkungen, die Annette Mennicke in ihren Kernthesen zum Fortbestehen der Geschlechterrollen als Traditionalisierungseffekt und in Form der Weichensteller-Funktion der Mütter beschreibt.
Der Fortschritt des Väter-Engagements ist in historischen Zeiträumen betrachtet zweifellos beachtlich. Doch trotz jahrzehntelanger politischer Förderung des Väter-Engagements sind die "nüchternen statistischen Daten" eine Herausforderung oder auch Steuerzahlerbund-Zumutung - je nach Deutungsweise. Die meisten Väter nehmen zudem nur 2 Monate Elternzeit und das vor allem im Sommer.In Schweden ist das z.B. längst als Elchjagd-Urlaub bekannt. Die verbale Aufgeschlossenheit bei gleichzeitiger Verhaltensstarre (U.Beck) scheint nirgends so verbreitet wie in den Fragen der Geschlechterrollen.
Wie schlecht es hier um die theoretische Fundierung steht zeigen die Zahlen. Von jährlich fast 200.000 durchgeführten Familienbildungsangeboten sind nur ca. 2800 evaluiert und lediglich 27 sauber mit entsprechender Kontrollgruppe durchgeführt worden. Jeder Hundeschule dürfte ein gründlicheres wissenschaftliches Konzept zugrunde liegen. Solche Fakten lassen eindringlich die praktische Wirkungslosigkeit von nicht auf spezifische Zielgruppen zugeschnittenen Weiterbildungsmaßnahmen befürchten. Dieses Phänomen der Nutzlosigkeit kennen wir ja auch aus anderen Bereichen, wie den betrieblichen Weiterbildungen, Management-Schulungen usw.* Dass diese krasse Verschwendung von Ressourcen immer noch keinen Aufschrei des Entsetzens und eine sofortige grundsätzliche Überprüfung des Tuns bzw. Nicht-Tuns hervorrufen, gehört wohl ins Buch der sieben Siegel.
Einen milliarden-schweren Markt der Zufälligkeit und dem Gießkannenprinzip zu überlassen, muss man schon vorsätzliche Mittelverschwendung nennen. Aktionismus, wild entschlossen das Positive zu betonen, schreibt Ines Kappert spöttisch in der taz, hatten wir schon zur Genüge. Diese grundsätzliche Reflexion jenseits des politically correct-Mainstreams meint Annette Mennicke, wenn sie von dem entscheidenden Unterschied zwischen der ultimaten und proximaten Perspektive spricht. Dieser Unterschied ist im übrigen auch nach Jahrzehnten des aneinander vorbei Diskutierens zwischen der biologischen und der sozialwissenschaftlichen Argumentationslinie präsent -und sinnlos- wie eh und je.
Dafür, dass Mennicke sich dieser Fragestellung grundsätzlich annimmt, gebührt ihr höchstes Lob. Soziobiologie, Anthropologie, Evolution geben genügend Stoff her um den Mainstream kritisch zu hinterfragen. Das Handicap-Prinzip spricht für sich. Eigentlich nur schade, dass das unbewusste Verhaltens-Dilemma namens Spiel-Theorie (S. 87, die uns "im Alltag" die vielen schönen Vorsätze kaputt macht) nur am Rande einfließt und zu wenig mit neurobiologischen Erkenntnissen kombiniert wird. Aus meiner Sicht wäre dies ein lohnendes Unterfangen für weitere Forschungen.
*Knowing-Doing-Gap:
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