16. September 2011

Richtige Besteuerung macht glücklich

Eine Studie von Shigehiro Oishi der University of Virginia, in deren Verlauf knapp 60000 Menschen aus 54 Ländern befragt wurden, fand heraus, dass die Einwohner von Ländern mit hoher Steuerprogression im Schnitt glücklicher sind, als die Einwohner in Ländern mit gleichmäßiger Besteuerung. Gleichmäßige Besteuerung und flache Steuerstrukturen sehen ja immer erst einmal gerecht aus, werden von der Masse der Betroffenen jedoch als ungerecht erlebt. So zum Beispiel in Tschechien, wo jeder - von der Putzfrau bis zum Top-Manager - mit 15% besteuert wird. In den Ländern, in denen der Steuersatz in Abhängigkeit vom zu versteuernden Einkommen oder Vermögen ansteigt, bewerten die Menschen ihr Leben unter Hinsicht auf Nahrung, Bildung, Wohnsituation, Verkehr, gesunde Umwelt und ähnliche Aspekte tendenziell besser.

"Glücksstudien" sind immer mit Vorsicht zu genießen, schon weil nicht immer klar ist, ob Leute ihr Glückserleben meinen oder Glückserinnerungen. Auch ist noch nicht genau klar, wie andere Aspekte, die für Glück und Zufriedenheit verantwortlich sein können, herausgerechnet wurden. Die Studie erscheint erst demnächst im Journal der Association for Psychological Science, wo man dann hoffentlich etwas genauer lesen kann. Ich hoffe aber auch immer, dass man Wissenschaftlern nach so vielen Jahrhunderten der Wissenschaftstheorie trauen kann, dass Methoden und Auswertungen durch hohe Standards gesichert sind. Außerdem passt mir der Befund natürlich in den Kram, weil ich schon immer der Meinung war, dass Steuern ein Werkzeug zur Steuerung einer Gesellschaft sind. Wer viel verdient, hat in der Regel auch vorher gut von den Institutionen, die ein Staat zu bieten hat, profitiert. Seien es Bildungswege oder Autobahnen. Hier noch die Meinung des von mir sehr geschätzten Volker Pispers:

2 Kommentare:

  1. So wie die Studie entsprechend sozialwissenschaftlichen Standards vermutlich angelegt war, ist das Ergebnis wenig überraschend und m.E. daher wenig aussagekräftig. Da man einen repräsentativen Querschnitt der jeweiligen Bevölkerung wählen musste, waren natürlich auch nur etwa so viele Leute mit hohem oder höherem Einkommen beteiligt, wie es ihrem Anteil in der Bevölkerung entspricht. Dass dann Leute mit geringen Einkommen und höhrem Anteil an der arbeitenden Bevölkerung (obgleich niedrigerem Anteil am Steueraufkommen) mit einer Progressiven Besteuerung glücklicher sind, wundert wenig. Und voilà: schon erhält man einen hohen Zufriedenheitswert mit dieser Art der Besteuerung.

    Noch eine Frage: Was meinst Du mit Steuern der Gesellschaft durch Steuern? Das Einzige was Du durch Steuern erreichst, ist Umverteilung und - idealerweise - die Deckung des Budgets für Ausgaben und Investitionen. In meinen Augen fehlt hier noch ein Hinweis darauf, dass sinnvoll gesteuert werden soll durch eine sinnvolle Ausgabenpolitik.

    Ich bin mir außerdem nicht sicher, ob ich überhaupt zufrieden bin mit der Aussage, dass man Gesellschaften steuern kann. Ich habe da so meine Zweifel. Social Engeneering halte ich für problematisch. Was ich hier so in der Hauptstadtpolitik beobachte, ähnelt zudem eher der Schadensbegrenzung und der Reaktion auf vorgefundenen Entwicklungen.

    Visionäres Steuern von Gesellschaften gar ist mir genauso suspekt wie seiner Zeit Altkanzler Schmidt ("Wenn Sie Visionen haben, dann gehen Sie zum Arzt!").

    Sorry fürs Meckern!

    Beste Grüße, M.L.

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  2. Generell: Wenn wir Politik, Gesetze und Institutionen wollen (also keine Anarchie), dann haben wir den Gedanken, Gesellschaften seien steuerbar, schon vorausgesetzt. Dabei ist noch nichts über den Grad der Steuerung gesagt, über den man streiten sollte. Persönlich bin ich ein Verfechter von umfangreicher Steuerung der Gesellschaft durch Politik (parlamentarisch und außerparlamentarisch), schon deswegen, weil das sonst erfahrungsgemäß Interessenvertreter einflussreicher und geldmächtiger Randgruppen übernehmen, die naturgemäß nicht das Wohl der Allgemneinheit im Auge haben.

    Steuern der Gesellschaft durch Steuern findet z.B. dann statt, wenn die Regierung entscheidet Kindertagesstätten stärker durch Steuerausgaben zu unterstützen oder andersherum, wenn die Regierung eine Steuererleichterung für Hoteliers durchsetzt. Im ersten Beispiel kann man sicher argumentieren, dass es der Gesellschaft insgesamt zugute kommt. Im zweiten Beispiel wird klar, dass es nur einem ganz kleinen privatgesellschaftlichem Ausschnitt der Gesellschaft zugute kommt. Steuerung mithilfe von Steuern ist jedoch beides. Tabak- und Alkoholsteuern sind andere deutliche Beispiele, wo versucht wird, über den Fiskus das Verhalten in der Gesellschaft zu steuern (der andere Aspekt dabei ist, sich einfach das Laster der vielen zunutze zu machen).

    Persönlich bin ich auch ein Verfechter von hohen Steuern, wenn sie gerecht gestaltet werden und die Ausgaben sinnvoll sind. Und ich darf mich glücklich schätzen, dass ich einen erheblichen Steuerbeitrag leiste. Eine Gesellschaft kann wählen, ob sie auf Wohltäterschaft der Wohlhabenden hoffen darf oder ob sie diese pflichtmäßig zur Kasse bittet. Ich vertraue dem Wohltätermodell noch nicht, sehe aber dort positive Entwicklungen.

    Übrigens: Volker Pispers sagt auch, dass du mal in den Spiegel kucken solltest, wenn du nicht weißt, wer der Staat ist, der die ganzen Steuern einnimmt ;) Wir sind nämlich nicht Papst, sondern Staat. Die Steuern, die du zahlst, sind für dich selbst da, damit du in die Bibliothek kannst, die U-Bahn kommt, die Kinder studieren können etc. Wenn du das Gefühl hast, deine Steuern werden missbraucht (z.B. für private Zwecke entfremdet), dann ist es deine Pflicht den Mund aufzumachen und was zu unternehmen, wenigstens wählen zu gehen (morgen!).

    Zu deiner mutmaßenden Kritik an der Studie kann ich leider nicht viel sagen, dazu müsste man sie erst in Gänze lesen. Ich hoffe jedoch, dass die Studie nicht so simpel angelegt wurde, wie du es nahelegst, sondern dass übliche statistische Verfahren wie beispielsweise Gewichtung (Befragte mit geringem vs. hohem Einkommen) zur Anwendung kamen.

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