29. November 2009

Retroflektion und Introflektion I

Retroflektion
Wir wenden Sachen (z.B. Konflikte), die eigentlich nach Außen gehören, nach innen und erschweren es so, solche Sachen abzuschließen. Z.B.: Wir haben ein Problem mit einer Kollegin und anstatt dieses Problem mit ihr anzusprechen, unterlassen wir das, weil wir meinen, es wäre unklug oder gar schädlich, dort rumzustochern und eventuell Dinge zu verschlimmern. Als Konsequenz wenden wir den Konflikt nach innen und verhindern so, dass er gelöst werden kann. Statt dessen werden wir übervorsichtig mit der Kollegin oder manifestieren Vorurteile, die unser Verhalten dieser Kollegin gegenüber merkwürdig/unbegründet ablehnend erscheinen lassen kann.

Retroflektion ist ein früh in der Kindheit erlernter Mechanismus und letztlich auch ein Ausweis von Kultur. Wir können eben nicht immer und spontan sofort alles sagen, was uns auf der Zunge liegt. Wir müssen uns damit arrangieren, das alles Gesagte auch beurteilt und verurteilt werden kann. Wir müssen mit Konsequenzen rechnen und diese abwägen. Mir begegnen immer wieder Leute, die meinen, dass sogenannte Ehrlichkeit über allem stünde. Das läuft oft darauf hinaus, das die Gefühle anderer verletzt werden, unter dem Vorwand, man sei doch nur ehrlich und das müsse nun einmal gesagt werden. Ehrlichkeit ist gut, darf aber nicht mit Rücksichtslosigkeit verwechselt werden. Aus diesem Grund, meine ich, darf eben auch nicht gleich jeder Konflikt unreflektiert nach außen gekehrt werden.

Wenn uns Retroflektion allerdings so konfliktscheu werden lässt, dass wir uns zerfressen und Probleme nicht mehr dort anbringen, wo wir sie lösen können, dann kann das dazu führen, dass wir keinen Kontakt zur anderen Person herstellen oder aufrecht erhalten können. Es kann auch dazu führen, dass wir uns ständig selbst beschuldigen und im Extremfall in Depressionen enden.

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