Die häufigsten kognitiven Verzerrungen
Faustregel, Milchmädchenrechnung, über den Daumen gepeilt. Hand aufs Herz: Wir alle irren uns wohl mal hier und da. Oder auch ständig, überall und systematisch. Gut, wenn wir uns unsere Irrtümer eingestehen, das macht uns zu erwachsenen Menschen. Aber was, wenn wir nicht mitkriegen, dass wir uns irren. Und was, wenn auch andere es nicht mitkriegen, weil wir uns kollektiv irren? Zum Beispiel neigen wir alle dazu, negative Nachrichten stärker zu bewerten, als positive (negativity bias). Das hat evolutionär auch seinen Sinn: Wenn in einem Urmenschen-Habitat ein Säbelzahntiger gerade sein Unwesen trieb, war diese Information im Zweifel wichtiger, als die gleichermaßen wahre Information, dass man im selben Gebiet gerade süße Früchte pflücken konnte. Heute, da wir hier solcher elementaren Sorgen enthoben sind, führt diese Tendenz jedoch vor allem noch dazu, dass alle von schlechten Nachrichten besessen sind: Only bad news are good news.Typischer Fall von Kontrollillusion (Bild von Quabit) |
Solche kognitiven Verzerrungen liegen vielen unserer Entscheidungen und Überzeugungen zugrunde. Sie sind mentale Short Cuts, die unserem Gehirn eine gewisse Effizienz ermöglichen. Man könnte sie auch in die anthropologische Kategorie der Entlastung einordnen. Wir sind evolutionär darauf getrimmt, schnell Entscheidungen zu treffen, das sorgsame, aber energie- und zeitaufwendige Abwägen der Wahrnehmungen und Informationen wurde zugunsten der Schnelligkeit und Sparsamkeit geopfert. Auf einige bekannte kognitive Verzerrungen möchte ich hier etwas genauer eingehen.
Für Erfolge bin ich zuständig, scheitern können die anderen
Eine meiner liebsten kognitiven Verzerrungen ist die so umständlich benannte selbstwertdienliche Verzerrung, auf Englisch: Self-serving bias. Auf den Punkt gebracht: Wir glauben, dass unsere Erfolge direkt von uns selbst verursacht werden, wohingegen wir unsere Misserfolge gern den Umständen um uns herum zuschreiben. Projekt "Social-Media-Recruiting" war ein Erfolg, weil ich meine Kollegen motiviert und wir alle so hart gearbeitet haben; Projekt "Administrations-Software" hingegen war ein Misserfolg, weil die Kollegen nicht mitgezogen haben. Dass mich Administrations-Software (obwohl sehr wichtig) im Vergleich zu Social Media gleich gar nicht fasziniert, kehre ich selbstwertdienlich unter den Teppich. Solche Eigentäuschung hilft uns dabei, an uns selbst zu glauben, uns für erfolgreich zu halten und anderen gegenüber einen guten Eindruck zu machen. In der Tat ist es kein schlechtes Zeichen, dieser Täuschung zu erliegen, es spricht gewissermaßen für eine seelische Gesundheit. Menschen, die unter geringem Selbstwertgefühl leiden, neigen weniger dazu, sich selbst Erfolge und den anderen Misserfolge zuzuschreiben.
Wenn ich Millionär wär: Impact Bias
Im Hirn haben wir eine Art Gefühlssimulator, mit dem wir voraussagen, wie wir uns in naher oder ferner Zukunft fühlen werden. Dieser Simulator ist nicht sehr gut kalibriert, er lässt uns regelmäßig den Einfluss, den positive oder negative Ereignisse in unserem Leben auf unser Wohlbefinden haben werden, dramatisch überschätzen. Wenn wir einen Partner verlieren oder auch nur einen Arbeitsplatz, werden wir das in der Regel als dramatisch erleben und annehmen, dass wir auch in drei Monaten noch unglücklich damit sein werden. Wenn wir uns vorstellen, im Lotto zu gewinnen, sehen wir uns wie kleine Könige in Palästen wohnen und mit Yachten um die Welt segeln... für immer glücklich. Stimmt alles nicht, sagt Dan Gilbert, vielmehr werden wir in der Regel nach wenigen Monaten wieder unser gewohntes Glückslevel erreicht haben, das uns durchs leben begleitet. Das liegt daran, dass wir eine Art psychisches Immunsystem haben, das unser Glücksempfinden gewissermaßen herstellt, ziemlich losgelöst von den äußeren Bedingungen, in denen wir leben.
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Hab ich doch gleich gewusst!
Der sogenannte Rückschaufehler (Englisch: hindsight bias) ist die Verfälschung von Erinnerungen nach einem Ereignis. Egal ob es ein Fußballspiel oder die Bundeskanzlerwahl ist: Wir haben das Ergebnis schon vorher gewusst. Jedenfalls behaupten wir das im Nachhinein. Fakt ist: Wir haben oft vorher ganz andere Ergebnisse geschätzt, vielleicht sogar das Gegenteil vorausgesagt. Ein Extrem kann man in der Schizophrenie finden, wo Betroffene stärker den Illusionen der Rückschau unterliegen, als Vergleichspersonen. Es ist bemerkenswert, dass uns neu zugängliche Informationen unsere zuvor gehegten Überzeugungen komplett vergessen lassen. Das hat natürlich seine positive Seite: Anstatt mit uns und der falsch vorausgesagten Lage zu hadern, arrangieren wir uns mit der Wirklichkeit und arbeiten positiv mit dem Gegebenen. Aber es nervt auch: Wir alle haben diesen rechthaberischen Bekannten, mit dem man zum Beispiel über Politik diskutiert und er hat immer schon alles vorher gewusst. Wer sich nie einen Irrtum eingestehen kann, ist irgendwo kurz nach der Kindheit stecken geblieben und lebt sein Leben als einzigen Rückschaufehler.
Ähnlich verhält es sich mit dem Bestätigungsfehler. Wir alle haben diese Tendenz, die Informationen stärker zu gewichten, die unsere Überzeugungen zu bestätigen scheinen und die Informationen unter den Tisch fallen zu lassen, die uns widersprechen. Wie vielen kognitiven Verzerrungen liegt dem das Bestreben zugrunde, kognitive Dissonanzen (Widersprüche in unseren Überzeugungen) zu vermeiden. Sehr gut beobachten kann man den Bestätigungsfehler bei Verschwörungstheoretikern. Sie können in der Regel ganz plausibel ihre Theorien vertreten, weil sie lediglich die Informationen zulassen, die ihre Theorien stützen und widersprüchliche Informationen ignorieren. Das Problem liegt hier auf der Hand: Wer sich zusehr von dieser Verzerrung leiten lässt, muss dumm sterben. Ab und zu mal den Kopf hochnehmen und Informationen zulassen, die unsere Überzeugungen infrage stellen, macht uns zu klugen Menschen.
Kontrollillusion: Zocken statt können
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ein super, super super Artikel; nur Dan Ariely mit seinen 'predictable irrational' Ansätzen hätte noch mit reingehört....
AntwortenLöschen(vgl. http://ed.iiQii.de/gallery/search.php?searchstring=ariely )
V.a. diie sog. Finanzkrise zeigt sehr deutlich, dass 'WIR' (als Menschengeschlecht) für die Irrationalen Mechanismen, die dazu geführt haben, direkt MIT-verantwortlich sind.
Der Papst stirbt und kommt an die Himmelstür. Petrus begrüsst ihn:
AntwortenLöschen"Sei gegrüsst im Himmelreich! Sag mir deinen Namen."
"Ich bin der Papst!"
"Papst, Papst", murmelt Petrus. "Tut mir leid, ich habe niemanden mit diesem Namen in meinem Buch."
"Aber ... ich bin doch der Stellvertreter Gottes auf Erden!"
"Gott hat einen Stellvertreter auf Erden?", fragt Petrus verblüfft. "Komisch, hat er mir gar nichts davon gesagt."
Der Papst läuft krebsrot an und sagt: "Ich bin das Oberhaupt der Katholischen Kirche!"
"Katholische Kirche ... nie gehört", sagt Petrus. "Aber warte mal 'nen Moment, ich frag den Chef."
Er geht nach hinten in den Himmel und sagt zu Gott: "Du, da ist einer, der sagt er sei dein Stellvertreter auf Erden. Er heisst Papst. Sagt dir das was?"
"Nee", sagt Gott, "kenn ich nicht. Weiss ich auch nichts von. Aber warte mal, ich frag Jesus."
"Jeeesus!"
Jesus kommt angerannt.
"Ja Vater, was gibt's?"
Gott und Petrus erklären ihm die Situation.
"Moment", sagt Jesus, "ich guck mir den mal an. Bin gleich zurück."
Zehn Minuten später ist er wieder da, Tränen lachend.
"Ich fass es nicht!", jappst er. "Erinnert ihr euch an den kleinen Fischerverein, den ich vor 2000 Jahren gegründet habe? Den gibt's immer noch!"
Kognitive Verzerrungen: Warum irren wir uns systematisch?
mfg Nikita Noemi